Nach Amoktat in Hamm: Sicherungsverfahren hat begonnen
Stand: 08.12.2022, 15:41 Uhr
Vor dem Dortmunder Landgericht hat am Donnerstag das Sicherungsverfahren gegen einen 34-Jährigen aus Hamm begonnen. Er soll im Juni 2022 eine Dozentin an der Hochschule Hamm-Lippstadt erstochen haben. Drei weitere Menschen wurden schwer verletzt.
Von Jan Schulte
Mit Handschellen gefesselt und gesenktem Kopf wurde der Beschuldigte in den Gerichtssaal geführt. Er selbst äußerte sich am ersten Tag des sogenannten Sicherungsverfahrens nicht, ließ aber über seine Anwältin ausrichten, dass er das im Laufe der weiteren Verhandlung tun wolle. Nach bisherigen Erkenntnissen betrat der 34 Jahre alte Mann am 10. Juni den Hörsaal der Hochschule Hamm-Lippstadt und stach auf vier Menschen ein – laut Staatsanwaltschaft in der vollen Absicht, dort Menschen zu töten.
Der offenbar psychisch kranke Langzeitstudent soll fest daran geglaubt haben, dass die Angehörigen der Hochschule an der Marker Allee einer Gruppe angehörten, die ihm nach dem Leben trachtete. Das und die Tat selbst hatte er vor dem Haftrichter zugegeben. Seine Opfer hatte sich der Mann in einem Hörsaalgebäude offenbar zufällig ausgesucht. Mit zwei Küchenmessern ging er auf die panischen Studierenden und die Dozentin los. Für die 30-Jährige konnten die Ärzte später nichts mehr tun. Sie starb im Krankenhaus. Die drei weiteren Schwerverletzten (alle 22 Jahre alt) überlebten die Messerattacke mit Verletzungen in Hals, Gesicht und Bauch.
Mutige Studenten überwältigen Angreifer
Vermutlich nur durch den Einsatz mutiger Studenten kam es an diesem tragischen Sommertag zu keinen weiteren Opfern in Hamm. Sie hatten sich auf den Amokläufer gestürzt und ihn so lange festgehalten, bis die Polizei eintraf. Insgesamt rund 400 Polizisten und Polizistinnen sicherten den gesamten Campus stundenlang ab, durchsuchten vorsichtshalber jeden Raum der Hochschule.
Vor dem Hörsaalgebäude spielten sich emotionale Szenen ab. Eltern holten sichtlich bewegt ihre Kinder ab. Die Hochschulpräsidentin sprach von einem Schock, lobte aber gleichzeitig auch den Zusammenhalt, den die Angehörigen der Hochschule Hamm-Lippstadt nur Stunden nach der Tat unter Beweis stellten.
Mutmaßlicher Täter könnte in Psychiatrie landen
Der beschuldigte Mann aus Hamm ist seit der Tat in einer Psychiatrie untergebracht. Es gilt als wahrscheinlich, dass er dort auch nach dem Sicherungsverfahren bleiben wird. Ein Sicherungsverfahren wird dann angesetzt, wenn ein normales Strafverfahren wegen einer Schuld- oder andauernden Verhandlungsunfähigkeit des Täters nicht möglich ist.
Der beschuldigte Mann aus Hamm und seine Verteidigerin zum Verfahrensauftakt.
Erst am Tattag hatte sich der 34-Jährige selbst aus einer psychiatrischen Einrichtung entlassen – er war stationär behandelt worden, weil er einen Suizidversuch unternommen hatte. Auf eigenen Wunsch verließ er die Klinik jedoch, da er sich vom Klinikpersonal bedroht gefühlt habe und keine Gründe für eine zwanghafte Unterbringung vorgelegen hätten. Das hatte das NRW-Innenministerium in einem Bericht mitgeteilt. Die Antragsschrift lautet auf Mord und mehrfachen versuchten Mord. Eine Entscheidung des Landgerichts Dortmund wird für Mitte Januar erwartet.