Ärztemangel ist ein verbreitetes Problem - nicht nur auf dem Land und den Krankenhäusern, sondern offenbar auch in den Gefängnissen des Landes. Eine Lösungsansatz des NRW-Justizministeriums: Die Medizinstudierenden der Universität Witten/Herdecke künftig Praktika im Gefängnis machen.
Besondere Krankheitsbilder in der JVA
Diese Praktika sind im JVA-Krankenhaus in Fröndenberg oder in den einzelnen Justizvollzugsanstalten möglich. Dort sollen die Studierenden die Herausforderungen eines JVA-Arztes kennenlernen. "Die Patienten haben da einen besonderen Lebensweg", sagt Professor Klaus Weckbecker von der Universität.
Zum Beispiel gibt es unter Häftlingen häufiger Sucht- und Infektionserkrankungen, wie Hepatitis C. Auch sei die Zahl der psychiatrischen Krankheiten unter Gefangenen etwa 30 Prozent höher als üblich, so das Justizministerium. Dafür gebe es in vielen Gefängnissen eine bessere Ausstattung als in den Hausarztpraxen. "Ein JVA-Arzt muss zum Beispiel auch selbst röntgen", sagt der Mediziner Weckbecker.
Kein erhöhtes Sicherheitsrisiko für JVA-Arzt
Die Praktika wollen Uni und Justiz mit einer Vorlesung begleiten. Wie wichtig der Landesjustiz die neue Kooperation ist, zeigt ein Besuch von NRW-Justizminister Benjamin Limbach (B'90/Grüne) zum Auftakt an der Privatuni in Witten. Ein Häftling ist nicht mehr krankenversichert, die Justiz muss die Gesundheitsversorgung garantieren.
Insgesamt beschäftigt die Justiz rund 60 Ärzte - im eigenen Krankenhaus und in den einzelnen Gefängnissen. Bei der Auftaktveranstaltung vergangene Woche haben die Studierende viele Fragen zum Berufsalltag eines Knastarztes gehabt, beispielsweise wie es mit der ärztlichen Schweigepflicht sei.
"Die Schweigepflicht besteht aber ganz normal", stellt Klaus Weckbecker klar. Und auch ein großes Sicherheitsrisiko gebe es nicht. Schließlich seien Häftlinge überwacht und kontrolliert. Dafür trügen JVA-Ärzte eine große Verantwortung. "Gefangene können den Arzt nicht frei wählen", so Weckbecker.
Acht Studierende wollen Praktika machen
Oder wenn ein Patient ins Krankenhaus verlegt wird, sei das ein großer Aufwand. Schließlich muss ein Gefangenentransport organisiert werden. Einige Wittener Studierende wollen solche Details der Arbeit als Knastarzt kennenlernen. Acht Studierende der Privatuniversität hätten sich auf Anhieb gemeldet.
Über dieses Thema berichten wir am 21.12.2022 im Radio auf WDR 2.