Grundsätzlich darf die RAG noch bis Ende 2023 bis zu 38 Millionen Kubikmeter Grubenwasser jährlich in Flüsse wie Lippe, Rhein, Emscher und Ruhr einleiten. Unter bestimmten Bedingungen wird diese Genehmigung jedoch ausgesetzt. Beispielsweise, wenn die Wassermenge der Ruhr an der Einleitstelle Heinrich in Essen zu niedrig ist. Das gilt schon seit 1959. Und genau da will der Landesverband Bergbaubetroffener in eigener Recherche einen Verstoß entdeckt haben.
Geringe Wassermenge der Ruhr
Es geht allein zwischen 2018 und 2020 um 115 Tage. An denen sei die Wassermenge in der Ruhr so gering gewesen, dass kein Grubenwasser hätte eingeleitet werden dürfen, so der Landesverband. Die RAG habe sich daran aber nicht gehalten.
Der Landesverband hat gegen den Bergbaukonzert deshalb nun Strafanzeige gestellt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Auch die Bezirksregierung Arnsberg als Kontrollbehörde soll zur Rechenschaft gezogen werden - auch sie will der Landesverband anzeigen. Der Verdacht: Begünstigung im Amt und Grundwasserverunreinigung.
Landesverband: Bergbehörde kontrolliert nicht
Selbst bei größeren Durchflussmengen der Ruhr müssen die Werte, z.B. für Salz, kontinuierlich gemessen werden. Der Landesverband wirft der RAG vor, diese Beschränkung in den meisten Fällen zu ignorieren. Darüber hinaus habe die Bergbehörde keinerlei Kontrolle über die Einhaltung "dieser Nebenbestimmung der Einleitgenehmigung", heißt es aus einer Pressemitteilung. Dabei ginge es um eine Salzfracht von bis zu 10.000 Tonnen jährlich.
Grubenwasser: Problem oder Bodenschatz?
Planet Wissen. 18.07.2024. 03:20 Min.. UT. Verfügbar bis 09.03.2025. WDR. Von Kerstin Gründer.
Bezirksregierung wehrt sich
Auf Anfrage des WDR weist die Bezirksregierung Arnsberg die Vorwürfe von sich. "Es hat zu keinem Zeitpunkt eine Gefährdung der Trinkwasserversorgung durch die Einleitung von Grubenwasser am Standort Heinrich in die Ruhr bestanden", so eine Sprecherin. "Die Behauptungen des LVBB widersprechen den langjährigen Erfahrungen, welche u. a. jährlich im Ruhrgütebericht dargelegt werden."
Die Grubenwassereinleitungen hätten nur einen geringen Einfluss auf den ökologischen Zustand bzw. auf das gute ökologische Potenzial der Ruhr, heißt es weiter. Ähnlich klingt es auch aus dem Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen.
RAG hat Ausnahmeregelung bekommen
Die langjährige Beobachtung habe gezeigt, "dass die tatsächlichen Grubenwassereinleitmengen und die Chlorid-Konzentrationen weit unter den Werten liegen, welche der damaligen Einführung der Regelung zugrunde lagen." Es sei deshalb nicht erfolderlich gewesen, "den Betrieb der Wasserhaltung von Seiten der Bergbehörde einzuschränken oder zu unterbinden."
Demnach habe die zuständige Bergbehörde des Landes eine Ausnahme-Erlaubnis erteilt, weil die Schadstoff-Konzentrationen nach eigenen Angaben weit unter den Grenzwerten liege. Als Beispiel dafür wurde in einer Stellungnahme auf Anfrage des WDR die Niedrigwassersituation in der Ruhr im Sommer 2020 angeführt.
Trinkwasser könnte belastet sein
Auch wenn Grenzwerte nicht überschritten worden seien und auch noch nichts passiert sei, fordert der Verband die RAG auf, mit dem Bau einer Reinigungsanlage zu beginnen, damit das Grubenwasser gereinigt werden kann. Er befürchtet, das Trinkwasser könnte andernfalls belastet werden. Denn in Grubenwasser ist nicht nur jede Menge Salz, sondern sind auch viele giftige Stoffe wie PCB enthalten.
RAG äußert sich nicht
"Inzwischen scheint es so, dass RAG überhaupt keine technischen Möglichkeiten hat, diese Nebenbestimmung längerfristig einzuhalten", so der Verband. "Der einzige Ausweg bestünde in einer Reinigung des Grubenwassers vor der Einleitung."
Auch in 2022 wurde der Pegel an der Ruhr häufig unterschritten, heißt es abschließend. "Daten zur Einleitung werden uns inzwischen von RAG und Bezirksregierung Arnsberg verweigert!" Dazu heißt es von der Bezirksregierung, dass die amtlichen Untersuchungsergebnisse der Bergbehörde für jedermann im Internet zugänglich seien. Die RAG wollte sich nicht zu dem gesamten Fall äußern, weil es sich um ein laufendes Verfahren handelt.
Über dieses Thema berichten wir am 12.12.2022 und 13.12.2022 im Hörfunk auf WDR 2 Rhein und Ruhr.