Demo vor Ausländerbehörde Herne
Aktuelle Stunde. 14.08.2023. 19:54 Min.. UT. Verfügbar bis 14.08.2025. WDR. Von Nathalie Arendt-Koslowski.
Kein Termin, keine Zukunft: Geflüchtete sind über die Stadt Herne frustriert
Stand: 15.08.2023, 20:41 Uhr
Geflüchtete bekommen in der Ausländerbehörde in Herne kaum Termine. Mit gravierenden Folgen: Der 23-jährige Mohamad etwa musste deswegen zwei Mal seine Ausbildung abbrechen, sagt er. Eindrücke von der Demo am Montag.
Von Daniel Chur
Eigentlich möchten sie alle heute ihre Geschichte erzählen. Ihren Frust loswerden. Darüber berichten, wie sehr sie sich allein gelassen fühlen. Von der Behörde. Von der Stadt Herne. Rund hundert Geflüchtete haben sich an diesem Montagmittag zur Demo vor der Ausländerbehörde in Herne versammelt, um ihren Unmut kund zu tun.
Mit Lautsprechern rufen sie von der Straße in Richtung der geschlossenen Fenster der Behörde: "Behandelt uns wie Menschen!" Eine Reaktion aus dem Haus kommt nicht. Und das führt dazu, dass immer mehr der Geflüchteten auf die versammelten Journalisten zugehen, um immerhin ihnen ihre Situation zu schildern.
Großer Frust bei Geflüchteten
"Seit einem Jahr rufe ich jeden Tag zweihundert, dreihundert Mal an, um einen Termin für die deutsche Staatsbürgerschaft zu bekommen - aber immer keine Antwort", berichtet Rasha Alshaddad. Sie ist vor sechs Jahren mit ihrem Mann Abrahem und zwei Kindern von Syrien nach Deutschland geflüchtet, ein weiteres Kind kam in Deutschland zu Welt.
Eigentlich hätten sie sich in Herne gut in die Gemeinschaft eingebracht, berichtet Rasha. Ihr Mann hätte einen guten Job bei einem Logistikunternehmen, ihre Kinder würden hier gut lernen in der Schule. Aber die Ausländerbehörde in Herne würde verhindern, dass sie und ihre Familie den letzten Schritt gehen kann - die Einbürgerung.
Stadt spricht von Personalmangel
Ihr Bruder lebt in Hagen, erzählt sie. Er hätte einen Termin zur Einbürgerung schon nach drei Monaten bekommen. "Warum geht das hier in Herne nicht auch?", fragt sich Rasha Alshaddad. Personalnot - das sagt die Stadt Herne zu dem Problem. Die Ausländerbehörde hätte nur wenig Mitarbeiter, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme. 20 Prozent der Stellen seien nicht besetzt und es finde sich kaum neues Personal.
Die Stadt verweist zudem darauf, dass gerade zahlreiche Syrer in den letzten Jahren bereits eingebürgert werden konnten. Viele hätten ganz bewusst unter den gegebenen Auflagen ihren Wohnsitz nach Herne verlegt: "Daran erkennt man, dass sich die Syrerinnen und Syrer in Herne sehr wohl fühlen. Sie wurden hier sehr herzlich aufgenommen, der Umgang miteinander erfolgte bisher stets partnerschaftlich."
Situation schafft berufliche Probleme
Das vorübergehende Dokument sorgt für Probleme
Überhaupt nicht so empfindet Mohamad Amana die Situation. 23 Jahre ist er alt, mit 15 kam er von Syrien nach Herne. Und auch er wird seit Jahren nicht eingebürgert, weil er keinen Termin kriegt. "Deswegen musste ich zweimal eine Ausbildung abbrechen." Der Grund: Weil seine Aufenthaltsgenehmigung zwischendurch immer wieder auslief, bekam er zunächst eine provisorische Genehmigung, eine sogenannte "Fiktionsbescheinigung".
"Die haben meine Arbeitgeber aber nicht anerkannt, darum durfte ich die Ausbildung nicht weiter machen", sagt Mohamad. Seine Aussagen ließen sich in diesem konkreten Fall nicht überprüfen - WDR-Recherchen zeigen jedoch, dass Ausländerbehörden in NRW am Limit sind und es bei Arbeitgebern immer wieder Probleme mit den "Fiktionsbescheinigungen" gibt.
Mohamad wurde zuletzt in einer Herner Klinik zum Krankenpfleger ausgebildet. Jetzt - nach dem Aus dort - habe er die Motivation verloren: "Warum sollte ich wieder eine Ausbildung beginnen, wenn ich sie nicht zuende machen darf?" Eine Antwort bekommt er nicht. Während der gesamten Demo bleiben die Türen der Ausländerbehörde geschlossen.