Nord Stream 1: "Die Turbine ist da und kann geliefert werden"

Stand: 03.08.2022, 09:49 Uhr

Im Gasstreit mit Russland ist Bundeskanzler Scholz am Mittwoch in Mülheim an der Ruhr, wo die für Nord Stream 1 gewartete Turbine feststeckt. Altkanzler Schröder macht dafür Siemens verantwortlich.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist am Mittwochmorgen in Mülheim an der Ruhr, um sich ein eigenes Bild im Gas-Turbinen-Streit zu machen.

Seit Wochen gibt es ein Hickhack um eine Turbine, die angeblich in Russland gebraucht wird, um die Gasversorgung in Richtung Westen zu gewährleisten. Doch obwohl die Turbine laut deutschen Angaben jederzeit nach Russland gebracht werden könnte, drücke Moskau offenbar auf die Bremse.

Politiker wie Wirtschaftsminister Robert Habeck sprechen davon, dass die fehlende Turbine nur ein Vorwand Russlands sei, um die Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 zu drosseln.

Scholz: Transport steht nichts entgegen

"Dem Weitertransport steht nichts entgegen", sagte auch Bundeskanzler Scholz nach seinem Besuch. Es würden nur Informationen aus Russland, von Gazprom, fehlen. Gazprom müsse nur sagen, dass man die Turbine auch haben will. "Es ist klar und einfach: Die Turbine ist da und kann geliefert werden." Russland könne seinen Liefer-Verpflichtungen also nachkommen - technisch stehe dem nichts entgegen.

"Alle vorgebrachten Gründe sind auf einer Fakten-Basis nicht nachvollziehbar." Bundeskanzler Olaf Scholz

Selbst wenn die Turbine nun doch ausgeliefert würde, müsse man aber damit rechnen, dass Russland jederzeit wieder seinen Liefer-Verpflichtungen nicht nachkommt. Darauf würde man sich vorbereiten - beispielsweise, indem man Gas spare.

Fehlende Turbine angeblicher Grund für Lieferreduzierung

Seit Juni hat Russland die Gaslieferungen über die Ostseepipeline Nord Stream 1 zurückgefahren. Begründet wird das von Seiten des russischen Energiekonzerns Gazprom mit der fehlenden Turbine von Siemens Energy. Die sei wichtig, um den nötigen Druck zum Durchpumpen des Gases aufzubauen. Doch die Turbine war für Wartungsarbeiten in Kanada und konnte wegen der verhängten Sanktionen zunächst nicht zurück nach Russland gebracht werden.

Zwar gab es schon damals Zweifel an der russischen Begründung mit der Turbine. Doch um Russland keinen weiteren Vorwand zu liefern, wurde die Maschine entgegen der Sanktionen wieder von Kanada nach Deutschland gebracht, um sie in einem weiteren Schritt nach Russland zu transportieren. Das ist bislang nicht passiert. Stattdessen lagert die Turbine nun in Mülheim an der Ruhr.

Habeck spricht von "Farce"

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck

Gazprom wirft Siemens Energy vor, nicht die nötigen Dokumente und Informationen zur Reparatur der Maschine übermittelt zu haben. Siemens Energy weist die Vorwürfe von Gazprom aber zurück. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) spricht bereits von einer "Farce". Alle Papiere lägen vor, er habe sie selber in der Hand gehabt, sagte er kürzlich. Russland weigere sich aber, die Turbine ins eigene Land zu holen. "Sie lügen einem ins Gesicht", sagte Habeck.

Am Montag hatte die Bundesregierung noch einmal bekräftigt, dass die Turbine zur Verfügung stehe. Siemens könne die Turbine jederzeit nach Russland liefern und zum Einsatz bringen, was aber aus politischen Gründen in Russland nicht gehe, sagte Regierungssprecher Wolfgang Büchner.

Alt-Kanzler Schröder erhebt Vorwürfe gegen Siemens Energy

Alt-Kanzler Gerhard Schröder hat indes Siemens Energy für den Gas-Streit verantwortlich gemacht. Die Turbinen, die man brauche, um das Gas überhaupt in die Pipeline zu bringen, kämen von dem Unternehmen und müssten regelmäßig gewartet werden, sagte Schröder dem Magazin "Stern".

Aber das Unternehmen habe "die gerade viel debattierte Turbine aus der Wartung in Kanada nach Mülheim an der Ruhr gebracht. Warum sie dort ist und nicht in Russland, verstehe ich nicht".

Über dieses Thema berichten wir am 3.8.2022 auch im WDR Fernsehen und Hörfunk.