Urlauberin auf Rhodos: "Wir sind einfach nur losgerannt"
Stand: 24.07.2023, 08:39 Uhr
Auf der griechischen Ferieninsel Rhodos wüten seit einigen Tagen riesige Waldbrände. Tausende Touristen mussten deswegen aus ihren Hotels und Ferienwohnungen in Sicherheit gebracht werden. Der WDR hat mit einer von ihnen gesprochen.
Jessica aus Kiel ist mit ihrem Freund und ihren zwei Kindern seit vergangenem Dienstag auf Rhodos. Eigentlich wollten sie dort Urlaub machen, abschalten und sich erholen. Doch genau wie tausende andere Touristen musste die Familie ihr Hotel verlassen und wurde von den griechischen Behörden in Sicherheit gebracht. Im WDR-Interview schildert Jessica, die nicht mit Nachnamen genannt werden will, ihre Eindrücke von den vergangenen Tagen.
WDR: Jessica, wie geht es Ihnen heute?
Jessica: Es geht so. Man ist komplett an seinen Grenzen. Man weiß gar nicht mehr, wo man die Kraft so richtig herholt. Allerdings haben wir die letzte Nacht schon etwas besser schlafen können als die Nacht davor.
WDR: Wo sind Sie denn jetzt?
Jessica: Aktuell sind wir in Rhodos, im Rhodos Palace Hotel. Dort konnten wir uns noch eine der letzten Liegen am Pool ergattern. Jedoch war es letzte Nacht so windig, dass wir uns nur mit Handtüchern zudecken konnten.
WDR: Also in einem anderen Hotel, weil Sie aus Ihrem raus mussten. Viele Urlauber auf Rhodos erzählen, dass man ganz plötzlich das Hotel oder der Ferienwohnung verlassen musste. Wie haben Sie diese Evakuierung erlebt?
Nach de Flucht an den Strand warten Urlauber auf Rhodos darauf, evakuiert zu werden.
Jessica: Ja, das ist richtig. Also es ging wirklich schnell. Wir sind Dienstag in Kiotari angekommen in unserem Hotel. Dort hieß es noch, die Waldbrände sind über 30 Kilometer von uns entfernt. Die Tage haben dann auch gut funktioniert. Man hat nichts gemerkt. Am Samstag war das dann so stark, dass es tatsächlich Asche geregnet hat. Der Wind nahm immer mehr zu. Aschewolken über dem Hotel. Und dann hieß es, das Feuer ist nur noch 15 Kilometer weg. Bei neun Kilometern werden wir evakuiert. Wir sollen bitte auf die Zimmer gehen. Und als wir dann auf dem Zimmer waren, kann man uns gleich hinterher und rief nur "Go, go, go, go!"
Wir haben zugesehen, dass wir die Kinder packen. Sind an den Strand gelaufen. Da war das Feuer schon direkt hinter unserem Hotel. Wir konnten die Flammen sehen und sind am Strand eigentlich nur losgerannt, mit tausenden von Menschen,
WDR: Das heißt, Sie haben Ihre Sachen, Ihr Gepäck zurückgelassen? Haben Sie Ihre Papiere alle dabei? Oder konnten Sie alles mitnehmen?
Jessica: Also wir mussten alles zurücklassen. Wir haben den Safe noch schnell aufgemacht und alle wichtigen Dokumente und die Handys noch mitgenommen. Und haben dann nur zugesehen, dass wir die Kinder kriegen und sind losgelaufen, nur mit den Sachen am Mann.
WDR: Jetzt reden wir über das Schicksal der vielen Touristen. Es gibt aber auch die Menschen, die auf Rhodos leben, die Haus und Gut oder Vieh verloren haben. Bekommen Sie davon was mit?
Jessica: Also wir sind gestern aus dem Süden evakuiert worden, nachdem wir bei der ersten Evakuierung dorthin gebracht wurden. Der wurde aber gestern von der Polizei abgesperrt. Das heißt, wir mussten von dort auch wieder evakuiert werden, weil wir dort nicht sicher waren.
Tote Tiere am Rand einer Straße auf Rhodos.
Was wir dort sehen konnten, war einfach nur eine absolute Verwüstung im Landesinneren. Viele Häuser, die Fassaden haben standgehalten, allerdings sind Scheiben kaputt gegangen, geborsten. Alles ist schwarz, das Vieh liegt tot auf der Straße.
Die Menschen sind doch sehr verzweifelt, jedoch immer noch so hilfsbereit, dass sie allen Touristen die Hilfe anbieten, die sie geben können - sei es der private Pkw, um sie in den nächsten Ort zu fahren. Oder dass sie den Leuten Wasser und Essen geben, obwohl sie selbst gerade alles verlieren. Also, das muss man wirklich sagen. Das ist sehr beeindruckend, da man das Gefühl hat, dass man von den Behörden hier doch im Stich gelassen wird.
Über das Thema berichten wir am 24.07.2023 auch im WDR Hörfunk und Fernsehen.