Warum noch immer Flut-Helfer ins Ahrtal kommen
Stand: 05.02.2024, 15:48 Uhr
Zweieinhalb Jahre nach der Flut läuft vielerorts der Wiederaufbau. Brücken werden neu gebaut, Gleise verlegt, Straßen saniert. In einigen Häusern kommen Betroffene allerdings nicht voran. Sie warten auf Handwerker; anderen fehlt das Geld für den Wiederaufbau. Hilfe bekommen sie von Freiwilligen.
Von Marius Reichert
Anja Braumüller hat eine anstrengende Arbeitswoche hinter sich. Es ist schon dunkel, da erreicht sie den Ort Dernau im Ahrtal. Es ist Freitagabend. Sie will bei gleich mehreren Betroffenen der Flut anpacken, beim Stemmen, beim Wiederaufbau im Garten helfen.
Für die Bankkauffrau aus Essen ist das eine Herzensangelegenheit: "Ich komme jetzt seit zweieinhalb Jahren ins Ahrtal, um zu helfen."
Übernachten bei Flutbetroffenen
Helfer unterstützen dabei, den Putz von den Wänden zu stemmen.
Anja übernachtet bei Flutbetroffenen, denen sie bereits geholfen hatte, das Haus wieder aufzubauen. "Aus der Arbeit sind schon einige Freundschaften entstanden", sagt sie. Am nächsten Morgen trifft sie andere Freiwillige. 12 Helfer sind für das Wochenende angereist - aus dem Saarland, NRW und sogar aus den Niederlanden.
Heute wollen sie in einem Haus den Putz von den Wänden abstemmen. Wie das geht, haben sich die Helfer über die Zeit selbst beigebracht. "Wir machen das alles komplett kostenlos, weil wir wissen, wie groß die Not bei vielen Betroffenen noch ist."
Warten auf Handwerker
Thomas Klein gehört das Haus, in dem die Helfer heute arbeiten. Bürokratie, zu wenig Handwerker - das alles hatte seinen Zeitplan immer wieder durcheinander gewirbelt.
Die Konsequenz: Der Wiederaufbau seines Hauses stockt. Umso dankbarer ist er Anja und den anderen Helfern für ihre Arbeit. "Klar ist, bei anderen Katastrophen werden wir da sein und das zurückgeben, was wir hier an Hilfe bekommen haben."
Der Wiederaufbau im Ahrtal erreicht unterschiedliche Level. Mehr als drei Milliarden Euro hat das Land Rheinland-Pfalz bereits an Haus- und Wohnungsbesitzer gezahlt.
Viele Betroffene leben bereits in frisch sanierten Häusern; andere haben ihr Eigentum wegen Streits mit Versicherungen oder unklaren Vermögensverhältnissen bis heute nicht betreten. Wiederum andere hadern mit langwierigen Antragsverfahren. Die Helfer füllen eine Lücke, unterstützen jene, bei denen es hakt.
Kraft für die ganze Woche
In Dernau haben Anja Braumüller und die anderen das Tagesziel erreicht. Der Putz ist von den Wänden. Bei einem Bier sitzen die Helfer am Sonntag zusammen, bevor sie wieder in ihre Heimat zurückkehren werden.
"Ich ziehe aus diesem Einsatz Kraft für die ganze Woche", sagt Anja. Ihr gehe ob der Dankbarkeit regelmäßig das Herz auf. Für sie und die anderen Helfer ist klar: Sie werden wiederkommen, weil sie wissen: Es gibt noch viel zu tun im Ahrtal.
Über dieses Thema berichtet der WDR am 05.02.2024 auch im Fernsehen in der Lokalzeit aus Bonn.