„Walking Bag wird provozieren – und das ist gut“

Stand: 01.09.2022, 17:27 Uhr

Seit Donnerstag steht die Skulptur „Walking Bag“ von Erwin Wurm in Bonn. Nur ein paar Schritte von der Universität und dem Bonner Münster entfernt dürfte das Kunstwerk weiter für Diskussionen sorgen.

Von Jörg Sauerwein

An einem großen Autokran hängt die orangefarbene Handtasche auf zwei Beinen, bis Handwerker sie endgültig in ihrer Position fest mit dem Boden verschrauben. Und schon die ersten Blicke und Reaktionen einiger Bonner machen klar: Über das rund vier Meter hohe Kunstwerk des Österreichers Erwin Wurm wird viel geredet.

Sexistische Skulptur in Bonn?

Das soll wohl Kunst sein“, schmunzelt ein Streifenpolizist im Vorbeigehen und ergänzt „aber davon habe ich keine Ahnung.“ Der Vorwurf, es handele sich um eine sexistische oder frauenfeindliche Skulptur, ist allerdings nur selten zu hören. Denn tatsächlich stecken die Beine offensichtlich in einer Hose und enden zudem in Stiefeln, die eher an Wanderschuhe erinnern.

Es kann ein Mann oder eine Frau sein“, hatte der Künstler mit Blick auf die „androgynen Beine“ im Vorfeld selbst gegenüber dem WDR erklärt. Das Ganze sei eine Abstraktion. Der Mensch sei hier auf eine Tasche und auf Beine reduziert, so Erwin Wurm: „Was das sagt, kann sich ja jeder denken, da muss man nicht dabeistehen und das genau erklären.

Platz für Interpretation

Jetzt steht das Abbild einer Birkin Bag der Luxusmarke Hermès, die zwischen 8.000 und vielen zehntausend Euro kostet, auf ihren Beinen direkt am Eingang der City. Es wirkt fast, als wolle sie mit der nächsten Grünphase der Fußgängerampel in die Stadt zum Einkaufen gehen.

Und genau so interpretieren einige Bonnerinnen und Bonner das Kunstwerk auch schon, nämlich als Aufruf zum Shoppen. Das Kunstwerk rege zum Nachdenken an und man könne viel hineininterpretieren, sagt auch Kranführer Gerald Haake, der die Walking Bag am Haken seines Autokrans hatte: „Für mich bedeutet sie, kommt nach Bonn und shoppt.

„Brauchen wir das alles?“

Die Skulptur werde „viele Leute provozieren und das ist gut“, glaubt Walter Smerling, der Vorsitzende des Bonner Vereins „Stiftung für Kunst und Kultur“, der das Kunstwerk mit privaten Mitteln nach Bonn geholt hat. Mit der laufenden Tasche stelle sich die Frage nach dem Konsum und damit auch die Frage, ob man das alles brauche.

Als die Statue endlich fest montiert ist, ist Smerling „sehr zufrieden, dass wir den Künstler und die Stadt überzeugen konnten, dieses Werk hier zu realisieren“. Mit Blick auf die Diskussionen, die es wohl auslösen dürfte, schmunzelt Smerling: „Kunst im öffentlichen Raum ist immer Auseinandersetzung.

Kunstwerk ist fünfter Teil einer Reihe

Zu sehen ist eine braune, sehr große Metall-Skulptur. Sie steht auf einem Kreisverkehr. Im Hintergrund sieht man verschiedene Gebäude, unter anderem den Post Tower.

Das Bonner "Pommes Denkmal" beziehungsweise der "Arc89" - eines von mittlerweile fünf Kunstprojekten in Bonn.

Mit der neuen Skulptur stellt der Bonner Verein schon das fünfte Kunstwerk in der Stadt auf. Im Jahr 2014 startete die Reihe mit der „Hommage an Beethoven“ von Markus Lüpertz, die von einigen Bonnerinnen und Bonnern als "Knethoven" bezeichnet wurde. Danach folgten „Mean Average“ von Tony Cragg auf dem Remigiusplatz und „Arc89“ von Bernar Venet am inzwischen von vielen so genannten „Pommes-Kreisel“. Zuletzt kam im Jahr 2018 die „Hommage an August Macke“ von Stephan Balkenhol dazu.

Über dieses Thema haben wir am 01. September 2022 im WDR Fernsehen: Lokalzeit aus Bonn, 19:30 Uhr berichtet.

Über dieses Thema haben wir am 01. September 2022 bei WDR 2 berichtet: Lokalzeit Bonn, 11:30 Uhr