"Nach Corona hat die Verbreitung von Kopfläusen in NRW einen deutlichen Sprung gemacht", sagte Jens Kuschel von der AOK-Nordwest am Donnerstag dem WDR. "Das liegt daran, dass die Abstandsregeln nicht mehr eingehalten werden." Während der Pandemie habe die Kopflaus deshalb kaum eine Chance gehabt, da sie vorwiegend auf einen direkten Körperkontakt angewiesen sei.
Pressesprecher Kuschel stützt sich dabei auf eine aktuelle Auswertung der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK). Demnach sind die Verschreibungen von Arzneimitteln gegen Läusebefall im Jahr 2023 in NRW im Vergleich zum Vorjahr um rund 20 Prozent angestiegen.
AOK-Versicherten seien im vergangenen Jahr insgesamt fast 27.500 Packungen Anti-Läusemittel von Ärzten verschrieben worden, 2022 seien es gut 22.400 Packungen gewesen. "Und noch nicht berücksichtigt sind dabei die freiverkäuflichen Anti-Läusemittel", so Kuschel.
Höhe der Fallzahlen "nicht außergewöhnlich"
Eine flächendeckende Aussage mit genauen Werten ist allerdings nicht möglich. Denn in Deutschland besteht gemäß dem Infektionsschutzgesetz keine Meldepflicht für Kopflausbefall. In der Stadt Köln gehen zum Beispiel nur Meldungen aus Gemeinschaftseinrichtungen ein, wie sie auf WDR-Anfrage am Donnerstag mitteilte. Bei diesen Einrichtungen gebe es im vergangenen Jahr einen Anstieg. "Die Zahlen stellen aber lediglich einen groben Trend dar."
Außerdem haben wir es derzeit offenbar nicht mit Höchstwerten zu tun. So schrieb die Stadt Duisburg am Donnerstag dem WDR, die aktuellen Fallzahlen seien im Hinblick auf die Meldungen aus dem Jahr 2019 - also in der Zeit vor der Corona-Pandemie - "nicht außergewöhnlich hoch". Auch die Stadt Bielefeld teilte dem WDR mit: "Die gemeldeten Fälle mit Kopfläusen nähern sich in Bielefeld den Zahlen vor der Corona-Pandemie."
Die Stadt Dortmund antwortete auf Anfrage: "Ein gravierender oder gar unüblicher Anstieg der Meldungen ist aktuell in Dortmund nicht festzustellen." Im Kreis Siegen-Wittgenstein sieht das Kreisgesundheitsamt ebenfalls "aktuell keine Auffälligkeiten".
Wie Kopfläuse unterwegs sind
Kopfläuse verbreiten sich vor allem da, wo Menschen engen Kontakt haben. Das ist besonders in Kitas, Kindergärten und Schulen der Fall. Die Tiere werden fast immer durch einen direkten Körperkontakt übertragen und können nicht fliegen. Allerdings können sie auch über Kämme, Haarbürsten oder Kopfbedeckungen zu anderen Menschen gelangen.
Läuse und ihre Eier (sogenannte Nissen) sind mit bloßem Auge nicht immer zu erkennen. Die winzigen Parasiten sind kleiner als ein Streichholzkopf und nisten sich im Haar ein. Sie ernähren sich von Blut aus der Kopfhaut. Ihre Bisse können zwar jucken, eine Gesundheitsgefahr sind sie aber nicht: Sie übertragen in unseren Breiten keine Krankheiten.
Das hilft gegen Läuse
Wenn Läuse oder Eier gefunden werden, muss schnell gehandelt werden, um eine weitere Ausbreitung zu vermeiden. Gegen die Parasiten wirken Mittel mit Insektengift oder mit Silikonöl. Die meisten Behandlungen müssen nach etwa sieben bis zehn Tagen wiederholt werden.
Wie genau das jeweilige Mittel anzuwenden ist, steht im Beipackzettel. Für Kinder bis zum zwölften Lebensjahr sind die Mittel auf Rezept in der Apotheke erhältlich - und müssen nicht selbst bezahlt werden.
Wichtig: Das Auskämmen muss wiederholt werden
Das Auskämmen der Haare mit einem speziellen Läusekamm reicht als alleinige Behandlung nicht aus. Es ist aber wichtig, um zu gucken, ob die Behandlung anschlägt. "Das nasse Auskämmen von Läusen und Nissen steht zwei Wochen lang alle drei bis vier Tage auf dem Programm", so der AOK-Rat.
Was Eltern tun müssen
Es ist wichtig, die Schule oder Kita sofort zu informieren, wenn ein Kind betroffen ist. Eltern sind dazu gesetzlich verpflichtet. Ebenso müssen Kinder mit Kopfläusen zu Hause bleiben, bis sie keine Läuse mehr haben.
"Wenn ein Kind mit einem nachweislich wirksamen Mittel behandelt wurde, darf es am nächsten Tag wieder in den Kindergarten oder zur Schule gehen", schreibt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) auf seiner Homepage.
Zur Frage, welche Mittel das sind und für welche Präparate die gesetzliche Krankenkasse die Kosten übernimmt, könne man sich in der Kinderarztpraxis oder in der Apotheke beraten lassen. Manchen Einrichtungen reiche die Erklärung der Eltern, dass die Kinder behandelt wurden. Einige verlangten jedoch ein ärztliches Attest.
Mythen zum Thema Läuse
Nicht alle Informationen, die zum Thema Kopfläuse im Umlauf sind, sind auch hilfreich oder korrekt. So ist zum Beispiel ein Läusebefall kein Problem mangelnder Hygiene. "Kopflausbefall hat nichts mit fehlender Sauberkeit zu tun, da Kopfläuse durch das Waschen der Haare mit gewöhnlichem Shampoo nicht beseitigt werden", schreibt das Robert-Koch-Institut "(RKI) auf seiner Homepage.
Auch das teilweise empfohlene Abtöten von Läusen und Nissen durch die Heißluft eines Föhns sei unzuverlässig und könne zu erheblichen Kopfhautschädigungen führen. Ebenso ungeeignet zum Abtöten von Läusen ist nach RKI-Angaben ein Sauna-Aufenthalt.
Außerdem weist das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) darauf hin, dass die Wirksamkeit von Anti-Läusemittel auf pflanzlicher Basis (zum Beispiel mit Kokosöl) sowie von Hausmitteln mit Olivenöl oder Mayonnaise bisher in Studien nicht gut untersucht worden sei.
Unsere Quellen:
- Gespräch mit AOK-Nordwest
- Informationen von Planet Wissen
- Anfragen an die Städte Köln, Duisburg, Bielefeld, Dortmund und den Kreis Siegen-Wittgenstein
- Informationen des Robert-Koch-Instituts (RKI)
- Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)