Aachen forciert die Wärmewende – Heizen ohne Gas und Öl

Stand: 12.05.2022, 13:00 Uhr

Die Stadt Aachen will beim Heizen weg von fossilen Brennstoffen, hin zu klimaneutralen Alternativen und hat dazu ein breites Bündnis geschlossen.

Von Ulrike Zimmermann

Erklärtes Ziel der Stadt ist es, möglichst ab 2030 klimaneutral zu sein. Um das zu erreichen, soll insbesondere die Wärmeversorgung umgestellt werden. Sie verursacht mit 42 Prozent die meisten CO2-Emissionen in Aachen, gefolgt von Strom und Verkehr.

"Schlafender Riese"

Fast die gesamte Wärme im Fernwärmenetz kommt vom Braunkohlekraftwerk Weisweiler. Die sogenannte Abwärme entsteht bei der Kohleverstromung. Doch damit ist es bald vorbei. Ersatz muss her. Drei Bausteine werden genannt: Blockheizkraftwerke, die Nutzung der Abwärme von der Müllverbrennungsanlage in Weisweiler und vor allem Tiefengeothermie. Die Fachleute sprechen von einem "schlafenden Riesen". Untersucht wird derzeit die geothermische Nutzung im Bereich zwischen Weisweiler und dem Autobahnkreuz Aachen.

"Wir haben aufgrund der bisherigen geowissenschaftlichen Untersuchungen Hinweise darauf, dass wir dort in mehreren tausend Metern Tiefe heiße Wässer finden, die wir über Tiefbrunnen erschließen und dann in das bestehende Fernwärmenetz einspeisen können", sagt Rolf Bracke, Institutsleiter des Fraunhofer IEG, das die Energiewende in den Kohlerevieren begleiten und die kommunale Wärmewende vorantreiben soll.

"Aachen ist wegen seiner heißen Quellen eine Vorzugsregion." Rolf Bracke, Institutsleiter des Fraunhofer IEG

Sonne, Wind und Erdwärme

Die klimaneutrale Fernwärme biete sich vor allem für die Innenstadt an, sagt der Vorstand der Stadtwerke Aachen, Wilfried Ullrich. Das Unternehmen will das Netz deutlich ausbauen. Für Einfamilienhäuser eignen sich dagegen eher Wärmepumpen (Erdwärme). Der Strom für die Pumpen könnte durch Photovoltaikanlagen oder Windenergie abgedeckt werden. Schon jetzt gehört Geothermie in vielen Aachener Neubaugebieten zum Standard. Und es gibt Besonderheiten: Im Stadtteil Burtscheid werden eine Klinik und Wohn- und Bürogebäude mit Hilfe einer heißen Thermalquelle beheizt. Im Stadtteil Richterich ist geplant, ein neues Wohnquartier mit warmem Wasser aus einem ehemaligen Steinkohlebergwerk zu versorgen.

"Die Energiesysteme der Zukunft sind dezentral"

"Die Energiesysteme der Zukunft werden umgestellt von zentral auf dezentral", sagt Rolf Bracke vom Fraunhofer IEG: "In der Vergangenheit war es so, dass eine Stadt oder Region ein großes Kraftwerk in der Nähe hatte, und aus dem wurde Wärme und Strom verteilt. In Zukunft wird jede Bürgerin und jeder Bürger selber Erzeuger und Verbraucher werden, und hierfür müssen die Netze und die kommunalen Prozesse entsprechend umgestellt werden."

Wärme- und Energieplan für die gesamte Stadt

Damit Mieter, Hauseigentümer, Unternehmer oder Wohnbaugesellschaften planen können, soll ein Wärme- und Energiestadtplan erstellt werden. Eine Art Routenplaner für eine klimaneutrale Energieversorgung. Aachens Klimadezernent Heiko Thomas: "Wir wollen einen Plan für die ganze Stadt entwickeln, für jeden Stadtteil und jedes Gewerbegebiet, der zeigt, welche Wärme- und Energieformen in welchem Jahr dort angeboten werden."