Ein Abnner auf dem steht: Müssen wir einpacken? Qualität muss bleiben!

Streik in Kölner Sozialeinrichtungen

Stand: 29.11.2023, 14:38 Uhr

In Köln streiken die freien Träger von sozialen Einrichtungen wie KiTas, Offener Ganztag, Jugendtreffs oder Beratungsstellen zwei Tage lang – sie fordern mehr Geld von der Stadt, um bei steigenden Kosten nicht ihre Angebote einschränken zu müssen.

Von Judith Levold

Auch der Offene Ganztag an der Gemeinschaftsgrundschule Weimarer Straße in Köln Höhenberg bleibt dicht – gähnende Leere auf dem Schulhof um die Mittagszeit, wo sonst 260 Kinder herumspringen und Richtung Mittagessen strömen.

Die Mitarbeitenden proben den Aufstand – und trommeln und tröten sich schon mal ein für die große Demo am nächsten Tag in Deutz. "Das Selbstverständliche ist mal weg,“ sagt OGS-Leiter Marius Schacht, der zusammen mit seinen KollegInnen streikt. "Zum ersten Mal, wir haben es bislang geschafft, noch nie schließen zu müssen."

Die Qualität der Arbeit leidet

Gemeinsam haben sie am Morgen den OGS-Trakt auf dem Schulhof symbolisch verhüllt. "Müssen wir einpacken?“, steht auf den Bettlaken vor der Fensterfront zu lesen, und dabei geht es ihnen vor allem um die Qualität ihrer Arbeit. Die nämlich leide massiv, wenn nicht ausreichend Geld und damit Personal kommt.

Eine Frau und ein Mann vor einem Regal mit Spielen.

Renée Kemmer (links) und Marius Schacht (rechts), das OGS Leitungsteam.

"Wir sind doch keine Verwahrstation, wir haben pädagogische Ziele, wollen mit den Kindern arbeiten. Wir haben einen Bildungsauftrag.“ Renée Kemmer, OGS Weimarer Straße

Träger dieser und anderer Ganztags- und Jugendeinrichtungen ist die Katholische Jugendagentur KJA. Genau wie andere freie Träger der Jugendhilfe beklagt sie, dass Kostensteigerungen bei Energie, Material und natürlich auch Personal von der Stadt Köln nicht aufgefangen würden. Die Stadt dagegen verweist auf Landesmittel, die noch nicht ausgezahlt seien. Kämen sie, würden sie auch weitergeleitet an die Träger.

Personaldecke dünn

Ein leerer Schulhof.

Still ruht der Schulhof, die OGS bleibt dicht

Aber auch das reiche hinten und vorne nicht in einem System, das ohnehin schon am Limit arbeite, seit Jahren, da müsse "eine Schippe drauf" städtischerseits. Renée Kemmer, mit Marius Schacht in der OGS Leitung erzählt, dass sie bei Krankheitsfällen oft allein in einer Gruppe seien. "Da kann man nicht mal auf die Toilette." Und wie ein Kind, dem sie einen Wunsch abschlagen musste, sie gefragt habe: "Warum seid Ihr nicht zu dritt, dann wär es doch nicht so schlimm, wenn mal einer krank ist." Und da habe sie ihm Recht geben müssen – die Personaldecke sei dünn und wenn es wegen zu hoher Kosten noch dünner würde, "dann müssen wir unsere Angebote einschränken“, so Marius Schacht. Zum Beispiel schon um 14:30 Uhr statt 16 Uhr schließen oder "in den Ferien eben nur eine statt drei Wochen Betreuung anbieten“, sagt er.

Der finanzielle Spielraum wird immer kleiner

Schon jetzt seien die Budgets für Material, Spiele o.ä. äußerst knapp. Auch regelmäßige AGs seien für die Kinder nachmittags kaum noch möglich. "Wir arbeiten schon eng mit Vereinen zusammen, aber es haut nicht mehr immer hin“, ergänzt Renée Kemmer. "Der Topf wird immer kleiner, um Sachen zu finanzieren, die direkt den Kindern zugute kommen", resümmiert Marius Kracht. Und deshalb will das Team von der Weimarer Straße auch geschlossen zur Großdemo. Und mit dem Streik zeigen: Wir sind systemrelevant!

Quelle:

  • Reporterin vor Ort
  • Stadt Köln
  • Katholische Jugendagentur

Über das Thema haben wir auch im WDR Fernsehen berichtet am 28.11.2023 in der Lokalzeit Köln.

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