Sorge um neues Sicherheitspaket nach Anschlag von Solingen
02:21 Min.. Verfügbar bis 18.10.2026.
Sorge um neues Sicherheitspaket nach Anschlag von Solingen
Stand: 18.10.2024, 15:38 Uhr
Der Bundestag hat einem Gesetzespaket zum Teil zugestimmt, das als Reaktion auf den islamistischen Anschlag in Solingen gilt.
Strengere Regeln im Asylrecht, ein verschärftes Waffenrecht und neue Befugnisse für die Sicherheitsbehörden - das sind die Eckpfeiler des sogenannten Sicherheitspakets, das die Regierung als Reaktion auf die Messerattacke von Solingen erarbeitet hat.
Maßnahmen gegen Messergewalt träfen die Falschen, kritisieren Jäger.
Die Debatte im Bundestag darüber war wohl sehr lebhaft - und auch in der Öffentlichkeit ruft das Gesetzesvorhaben gemischte Reaktionen hervor. Nicht alle sind von den Ansätzen im geplanten Sicherheitspaket überzeugt. So kritisiert beispielsweise der Deutsche Jagdverband in Bonn, die neuen Regeln im Waffenrecht in Sachen Messer, träfen die Falschen.
Sündenböcke statt Sicherheit?
So unterschiedlich die Kritiker und ihre Sorgen - im grundsätzlichen Urteil sind sie sich einig:
Er befürchtet, dass nun alle Geflüchteten zum Sündenbock und unter den Beschlüssen zu leiden haben werden. Laut Berliner Innensenat ist zum Beispiel nur einer von fünf Menschen, die aus Berlin abgeschoben, werden kriminell. In Nordrhein-Westfalen gibt es laut dem Landes-Innenministerium seit sechs Jahren ein sogenanntes Fallmanagement in den fünf Bezirksregierungen.
Wenn jemand für seine Tat vor Gericht verurteilt wird und eine Strafe bekommt, muss das reichen, findet Wahed Khan aus Afghanistan, der seit 12 Jahren in Deutschland lebt: "Für Straftaten gibt es das Strafgesetzbuch. Wir sind gegen jede Form der Doppeltbestrafung durch Strafgesetz und Aufenthaltsrecht. Geflüchtete dürfen nicht der Willkürjustiz von Taliban und Co. ausgeliefert werden."
Personen zum Beispiel, die wie der Messer-Attentäter von Solingen schon in einem anderen EU-Land registriert waren und deshalb gar nicht nach Deutschland kommen beziehungsweise hier bleiben dürften, sollen künftig kein Geld mehr erhalten, sondern nur mit dem Nötigsten wie Essen und Schlafplatz versorgt werden. Ausnahmen davon soll es nur für schwangere oder kranke Menschen geben.
Viel Kritik aus verschiedenen Richtungen
Leichter soll es außerdem werden, Asylsuchende abzuschieben. Zum Beispiel, wenn sie jemanden mit einem Messer angegriffen haben oder durch Hass und Hetze wie rassistische, antisemitische, frauen- oder schwulenfeindliche Aussagen auffallen. Ihnen soll der Schutzstatus aberkannt werden können. Kritiker halten das für eine Art von Doppelbestrafung, die nur Asylsuchende träfe, bei allen anderen käme nur das Strafrecht zur Anwendung.
Insbesondere SPD-Poltikerinnen und Politiker mit Einwanderungsgeschichte sehen diese Punkte kritisch - und auch Jibran Khalil, der selbst als Asylsuchender nach Deutschland gekommen ist, glaubt, dass die neuen Regeln Konflikte eher verschärfen. Für ihn ist das Gesetzespaket "eindeutig rassistischer Populismus und verfassungswidrig."
Strafverfolgung versus Bürgerrechte?
Nach der Zustimmung im Bundestag scheiterten die neuen, ausgeweiteten Befugnisse für Sicherheitsbehörden. Sie kamen schon im Vorfeld bei vielen in Politik und Gesellschaft nicht gut an. Ob also Bundespolizei und BKA nun nach Solingen erweiterte Befugnisse bekommen oder nicht, ist heute noch offen.
Bei diesem Thema gab es auch in der Koalition heftige Auseinandersetzungen: Justizminister Buschmann war dagegen, Innenministerin Faeser dafür. Die FDP tritt für den Schutz der Bürgerrechte ein und weiß beispielsweise in der Frage des Speicherns von IP-Adressen den Deutschen Richterbund auf ihrer Seite.
Breite Mehrheit ist für härtere Gangart
Das Sicherheitspaket fand eine Mehrheit im Bundestag.
CDU/CSU und AfD gehen die neuen Regelungen insgesamt noch nicht weit genug. Für die Verschärfungen gibt es unterm Strich eine breite Mehrheit – in der Bevölkerung und bei der Abstimmung im deutschen Bundestag. Auch Vertreterinnen und Vertreter von Städten und Gemeinden begrüßen das Sicherheitspaket.
Klaus Ritgen vom Deutschen Landkreistag meint: "Wenn wir eine relevante Anzahl von Personen, die rechtlich betrachtet nicht nach Deutschland gehören, weil für sie ein anderer EU-Mitgliedsstaat zuständig ist, reduziert das natürlich die Gesamtaufnahme." Wenn Deutschland als Zielland durch die Maßnahmen unattraktiver werde, könne das für zusätzliche Entlastung sorgen, so die Hoffnung in den Kommunen.
Unsere Quellen:
- Bundestag
- Nachrichtenagentur dpa
- Redaktionen WDR Cosmo und BR24 Thema des Tages