Betreuer:innen dringend gesucht

Lokalzeit aus Bonn 20.10.2023 Verfügbar bis 20.10.2025 WDR Von Monika Steinhaus

Rechtliche Betreuer im Rhein-Sieg-Kreis dringend gesucht

Stand: 20.10.2023, 14:19 Uhr

Im Rhein-Sieg-Kreis fehlen rechtliche Betreuer. Von den insgesamt 170 registrierten Betreuern gehen in den nächsten Jahren rund 40 Prozent in Rente und der Nachwuchs fehlt.

Von Monika Steinhaus

Die rechtlichen Betreuer werden vom Amtsgericht eingesetzt, wenn Menschen mit ihrem Alltag total überfordert sind und um Hilfe bitten. Oder, wenn Menschen mit Beeinträchtigung sich nicht selbst organisieren können.

Die Bornheimerin Barbara von Faber ist seit 19 Jahren als hauptamtliche Betreuerin unterwegs und erlebt die unterschiedlichsten Menschen in Not. Heute ist sie beim Hausbesuch bei Dennis Weimer. Der 35-Jährige hat von klein an eine Lernbehinderung und eine Verhaltensstörung. Barbara von Faber hilft ihm vor allem bei seinen Finanzen. Denn viele Jahre hat Dennis versucht allein damit klarzukommen – geriet dabei tief in die Schuldenfalle. „Ich hatte wirklich einen Brocken in meinem Körper und war emotional am Boden. Mir war das peinlich gegenüber anderen. Es war einfach keine wirkliche Freude mehr am Leben“, so schildert er seine Situation damals. Aber der Familienvater schafft es, sich Hilfe zu holen. Seit 8 Jahren betreut Barbara von Faber ihn.

Finanzielle Schieflage und gemeinsame Lösungssuche

Manchmal ist die Betreuung aber gar nicht so einfach, denn Dennis hat eine Schwäche für Handys. Ständig schließt er neue Verträge ab. Aufgrund seiner Lernbehinderung kann er die finanziellen Folgen überhaupt nicht einschätzen. Jetzt fordert der Handyanbieter 346€. Geld, was Dennis nicht sofort zahlen kann. Seine Erwerbsminderungsrente reicht eigentlich so grade für die Miete und sein Leben. Jetzt sitzt er ziemlich bedrückt mit seiner Betreuerin im Wohnzimmer. Gemeinsam suchen sie nach Lösungen. „Ich habe denen eine Mail geschrieben und um Ratenzahlung gebeten. Ich hoffe, das ist noch in Ordnung zu bringen“, erklärt Barbara von Faber ihm.

Zusammenarbeit auf Augenhöhe

Für die 58-Jährige steht bei ihrer Arbeit eines besonders im Vordergrund: „Ich will und darf auch gar nicht über seinen Kopf hinweg entscheiden. Das ist schon sehr wichtig, dass man sich hier auf Augenhöhe begegnet.“ Deswegen suchen sie jetzt gemeinsam nach Möglichkeiten irgendwo Geld einzusparen, um den finanziellen Druck zu verringern. Bei seinem Schuldenberg muss immer wieder Geld eingespart werden. Ab in den Keller, den Gaszähler ablesen und rechnen. Vielleicht kann man bei den Heizkosten noch was rausholen. Sein Konto verwaltet die Betreuerin, sonst hätte der Familienvater ganz schnell gar kein Geld mehr zum Leben. Für Dennis eine große Erleichterung: „Ich find das auf jeden Fall eine sehr gute Sache mit der Betreuung.“

Ein facettenreicher und spannender Job

Rund 40 Menschen betreut Barbara von Faber. Vom 18 Jahre ate Flüchtling bis zur dementen Oma. Sie begleitet Menschen durch ihr nicht immer einfaches Leben. „Ich finde das sehr spannend. Ob Insolvenzverfahren, Alkoholentzug, Magenverkleinerung oder Ehescheidung, da erlebe ich sehr viel ohne es selber am eigenen Leib erleben zu müssen.“

Kollegin als große Unterstützung und eine Art Psycho-Hygiene

Barbara von Faber mit ihrer Kollegin Verena Thielking.

In Siegburg hat sich die gelernte Krankenschwester und studierte Sozialpädagogin selbstständig gemacht. An ihrer Seite ihre Kollegin Verena Thielking. Mit ihr hat die 58-Jährige nicht nur eine Urlaubvertretung, sondern auch mal wen zum Reden, denn in diesem Job gibt es auch schon mal heftige Situationen. „Mir ist es ganz wichtig, dass ich über die schönen Sachen, aber eben auch über die nicht so erfreulichen Dinge mich einfach austauschen kann. Als eine Art Psycho-Hygiene.“

Betreuer dringend gesucht

Immer wieder fragt die Betreuungsstelle des Rhein-Sieg-Kreises in ihrem Betreuungsbüro an, ob sie noch Menschen in Not helfen können. Und das Problem wird in den nächsten Jahren noch größer, denn von den insgesamt 170 registrierten Betreuern gehen demnächst rund 40% in Rente und der Nachwuchs fehlt. Aber Barbara von Faber und ihre Kollegin können nicht mehr Menschen auffangen. Sie sind restlos ausgebucht und wollen Zeit haben für ihre Betreuten, um ihnen auch in Zukunft noch gerecht werden zu können.

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