Tödliches Glukosepräparat in Kölner Apotheke: Verteidiger weist Vorwürfe zurück
Stand: 15.06.2023, 13:03 Uhr
Vor fast vier Jahren starben eine schwangere Frau und ihr Kind. Sie hatte vergiftete Glukose zu sich genommen. Seit Donnerstag muss sich eine Apothekerin vor dem Kölner Landgericht verantworten.
Die Staatsanwaltschaft wirft der 52-Jährigen versuchten Mord durch Unterlassen und fahrlässige Tötung vor. Sie soll das behandelnde Krankenhaus nicht über eine mögliche Vergiftung der Opfer informiert haben.
Verteidiger weist Vorwürfe zurück
Der Verteidiger der Angeklagten wies die Vorwürfe am ersten Verhandlungstag als abwegig zurück. Seine Mandantin sei nicht für den Tod von Mutter und Kind verantwortlich.
Das 28 Jahre alte Opfer hatte 2019 in der Praxis ihres Gynäkologen eine Glukosemischung aus der Kölner Apotheke getrunken, die die Angeklagte leitete - es war ein Routinetest auf Schwangerschaftsdiabetes. Kurz nach der Einnahme kollabierte die Schwangere und starb kurz darauf im Krankenhaus. Auch ihr Baby überlebte nicht.
Versehentlich verwechselt?
Wie sich herausstellte, war die Glukose mit dem Betäubungsmittel Lidocainhydrochlorid durchsetzt. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hatte die Angeklagte die beiden Präparate versehentlich verwechselt.
Obwohl ihr dieser Zusammenhang ab einem bestimmten Zeitpunkt klar gewesen sein soll, habe sie das Krankenhaus nicht darüber informiert, so dass die Vergiftung nicht behandelt werden konnte. Die 52-Jährige habe laut Anklage Angst gehabt, ihre Approbation zu verlieren und dem Ruf der Apotheke zu schaden.
Kölner Glukosefall - auch Thema in Düsseldorf
Nach den beiden Todesfällen damals schaltete sich auch das NRW-Gesundheitsministerium ein. Minister Karl-Josef Laumann hatte die Apotheke und zwei weitere desselben Betreibers für einige Zeit schließen lassen. Heute, mehr als dreieinhalb Jahre später, sieht Thomas Preis, der Vorsitzende des Apothekerverbandes Nordrhein, in diesem Fall keinen Anlass zu einem Vertrauensverlust gegenüber Apotheken und deren selbst erstellten Rezepturen. "Es gibt ständige Kontrollen und hohe Sicherheitsstandards. Solch ein Fall war eine absolute Ausnahme, so etwas darf nicht passieren."
Frau sitzt nicht in Haft - Justiz überlastet
Es hat lange gedauert bis zum Prozessbeginn. Mehr als dreieinhalb Jahre. Ein Grund: die Überlastung der Kölner Justiz. Aber auch der Fall selbst habe viel Vorbereitung gebraucht, sagt Gerichtssprecher Jan Orth. Die Frau sitzt nicht in U-Haft. In solchen Fällen haben die sogenannten "Haftsachen" Vorrang und davon gebe es in Köln viele. Nun sind 21 Verhandlungstage angesetzt, das Urteil soll nach aktueller Planung im September gesprochen werden.
Über dieses Thema berichten wir am 15.06.2022 auch in der WDR Lokalzeit aus Köln um 19:30 Uhr im WDR Fernsehen und auf WDR2.