Erzbistum Köln: Sind die versuchten Porno-Zugriffe strafrechtlich relevant?

03:14 Min. Verfügbar bis 18.08.2025

Erzbistum Köln: Sind die versuchten Porno-Zugriffe strafrechtlich relevant?

Stand: 19.08.2023, 11:25 Uhr

Das Erzbistum Köln hat Zugriffsversuche von Mitarbeitern auf Porno-Internetseiten dokumentiert. Betrifft das auch kinderpornografisches Material? Die Staatsanwaltschaft prüft den Fall.

Von Jörn Seidel

Porno-Seiten anzuschauen, ist grundsätzlich keine Straftat - auch nicht nach Kirchenrecht. Strafbar ist es erst, wenn zum Beispiel Darstellungen von sexualisierter Gewalt an Minderjährigen darunter sind. Das Erzbistum Köln sieht sich jetzt dem Verdacht ausgesetzt, dass Mitarbeiter zahlreich versucht haben sollen, über Dienstrechner pornografische Internetseiten aufzurufen. Zu klären ist nun, ob das zum Teil auch strafrechtlich relevant ist.

Erzbistum bestätigt Liste mit Porno-Zugriffsversuchen

Das Erzbistum Köln bestätigte auf Anfrage am Freitag, dass ihm eine Liste mit Zugriffsversuchen von Dienstrechnern auf Internetseiten mit Gewaltdarstellungen, Pornografie oder auch Drogen vorliege. Mitarbeitern des Erzbistums ist es nämlich verboten, solche Seiten aufzurufen.

"Es gab auf Basis der Routineprüfung keine Anhaltspunkte für strafrechtlich relevantes Verhalten." Erzbistum Köln

Tatsächlich aufgerufen seien die Porno-Seiten ohnehin nicht, da ein Filter die Seiten automatisch blockiert habe, so das Erzbistum.

Erzbistum: Kein Porno-Zugriffsversuch von Kardinal Woelki

Kardinal Rainer Maria Woelki gehöre übrigens nicht zu jenen, die eine Porno-Seite aufrufen wollten, stellte das Erzbistum am Abend klar. "Die hausinternen Nachforschungen haben eindeutig ergeben", dass der Kardinal nicht auf der Liste stehe.

"Es ist natürlich die Frage nach der moralischen Fallhöhe, die wir uns immer in der katholischen Kirche stellen müssen." Katharina Norpoth, bis 2020 Vorsitzende im Bund der Deutschen Katholischen Jugend und Mitglied im Synodalen Weg

Bislang sieht die Kölner Staatsanwaltschaft keinen Anfangsverdacht einer Straftat, sagte eine Sprecherin der Behörde auf Anfrage. Die Liste aus dem Erzbistum liege der Behörde vor und werde geprüft.

Zugriffsversuche auf Seiten mit kinderpornografischen Inhalten?

Interessant bei dem Fall: Auf dieser Liste aus dem vergangenen Jahr "steht unter anderem auch der Name eines Mannes, dessen Büro und auch dessen Zuhause diesen Sommer durchsucht wurde", sagt WDR-Reporterin Christina Zühlke und beruft sich dabei unter anderem auf Recherchen des "Kölner Stadt-Anzeigers", dem die Liste nach eigenen Angaben vorliegt. "Da ging es um den Verdacht des Besitzes und auch der Beschaffung von Kinderpornografie."

Hätte das Erzbistum Köln die Liste mit den Zugriffsversuchen auf Porno-Webseiten und andere Seiten also schon viel früher der Staatsanwaltschaft aushändigen sollen - spätestens, als es von den Ermittlungen gegen den Mitarbeiter wegen Kinderpornografie erfuhr?

Diese Frage stellt sich auch deshalb, weil die in der Liste dokumentierten Zugriffsversuche unter anderem Porno-Seiten betreffen sollen, bei denen "Begriffe wie young porn, also junger Porno, und Teenie" auftauchen, sagt Zühlke. Wie alt sind also diese als "Teenies" angepriesenen jungen Frauen? Tatsächlich schon volljährig?

Vorwurf der Doppelmoral in der katholischen Kirche

Nebenbei geht es bei der jetzt diskutierten Liste des Erzbistums auch um den Vorwurf der Doppelmoral. Pornografie gilt nach der katholischen Sexualmoral als verwerflich und als schwere Sünde. Papst Franziskus sprach erst im Oktober von einem diabolischen Laster und warnte speziell junge Priester vor Pornografie im Internet.

"Der Teufel kommt von dort." Papst Franziskus zu Pornografie

"Das reine Herz, das Jesus jeden Tag empfängt, darf solche pornografischen Informationen nicht empfangen", sagte Franziskus weiter.

Sprachfähigkeit zu Sexualität

Katharina Norpoth, bis 2020 Vorsitzende im Bund der Deutschen Katholischen Jugend und Mitglied im Synodalen Weg, also dem Reformgremium der Katholiken, vertritt hier eine andere Meinung. Sie sagt, dass Pornografie differenziert betrachtet werden muss, im Hinblick "auch auf strafbare Inhalte und je nachdem wie sie produziert worden sind". Die Aussage des Papstes zeugt ihrer Meinung nach davon, "dass da auch wenig Wissen und viel Scham im Bereich der sexuellen Bildung noch vorherrscht".

Das richtige Vorgehen wäre laut Norpoth in der katholischen Kirche eine Sprachfähigkeit zu Sexualität herzustellen. Das bedeutet: "sexualpädagogische Konzepte voranzutreiben. Sprich auch in der Priesterausbildung sexualpädagogische Angebote zu schaffen und darüber hinaus als gesamtgesellschaftliche Thematik anzusehen."

Zugriffsversuche durch "höchstrangige" Kleriker

Nach Angaben von Joachim Frank, Chefkorrespondent des "Kölner Stadt-Anzeigers", stehen auf der Liste "mehr als 1.000 Zugriffsversuche" auf Seiten, die überwiegend unter die "Kategorie Pornografie" fallen. Unter jenen, die die Seiten versucht haben anzusteuern, seien auch "höchstrangige" Kleriker.

Für Frank zeigt sich hier das Dilemma der katholischen Kirche - nicht nur in Köln. Da stelle sich durchaus die Frage, sagte der studierte Theologe am Freitag dem WDR: "Ist das nicht ein Fall von Wasser predigen und Wein trinken?"