Marode Brücken in Remscheid - ist Sanierungsstau noch aufzuhalten?

Lokalzeit Bergisches Land 26.11.2024 06:11 Min. Verfügbar bis 26.11.2026 WDR Von Gaby van den Boom

Marode Brücken in Remscheid - ist Sanierungsstau noch aufzuhalten?

Stand: 27.11.2024, 15:47 Uhr

Die Stadt Remscheid hat ihre rund 100 kommunalen Brücken untersucht. Bei 16 von ihnen besteht dringender Sanierungsbedarf.

Von Georg Lembeck

Es bröckelt der Beton, Risse zeigen sich in Stützpfeilern, Stahlträger rosten - gerade viele kleinere und alte Brücken über Eisenbahnschienen sind zum Teil schon nach erstem Augenschein in einem schlimmen Zustand. Es sind diese kleineren Brücken, bei denen ein besonders akuter Handlungsbedarf besteht.

Mitarbeiter der Technischen Betrieb Remscheid

Mitarbeiter des Technischen Betriebs Remscheid

Für Gunter Breidbach von den Technischen Betrieben in Remscheid ist klar, warum diese Brücken besonders betroffen sind. "Alle Brücken, die wir besonders im Fokus haben, sind die, die mit Entstehung der Eisenbahnlinie auch über die Eisenbahn gebaut wurden. Und die haben alle ein ähnliches Alter und eine ähnliche Dimensionierung." Dabei sei die Belastungsgrenze für die oft mehr als 100 Jahre alten Brücken ein besonderes Problem. Denn für die Ingeieure von damals war eine Dampfwalze mit 9 Tonnen das größte vorstellbare Gefährt, mit denen sie rechnen und das Bauwerk überprüfen konnten. Heute sind es LKW mit 60 Tonnen Gewicht.

Kein 'Weiter so!'

Gelenkbus fährt über schmale, alte Brücke

Ein Gelenkbus färt über eine schmale, alte Brücke

Die Folgen: Dank der extremen Belastung müssen immer mehr Brücken für LKW und manche sogar für Autos gesperrt werden. Für Karsten Ditscheid von den Technischen Betrieben ist klar: "Platt gesagt, wir müssen die Ärmel hochkrempeln, da muss jetzt ein Ruck rein. Da muss massiv was passieren." Ein 'Weiter so!' ginge einfach nicht mehr. Jetzt müssten Weichen gestellt werden, um den Sanierungsstau der Brücken anzugehen.

"Es ist sozusagen fünf nach zwölf, nicht fünf vor zwölf." Martin Mertens, Prof. für Bau-Ingenieurwesen, Hochschule Bochum
Martin Mertens, Professor für Bau-Ingenieurwesen, Hochschule Bochum

Martin Mertens, Professor für Bau-Ingenieurwesen

Für Martin Mertens, Professor für Bau-Ingenieurwesen an der Hochschule Bochum stellt sich die Frage, ob eine 'Weichenstellung' reicht "Es ist sozusagen fünf nach zwölf, nicht fünf vor zwölf," sagt er fast schon resignierend. Eine Situation wie in Remscheid sei symptomatisch. Zehn bis 15 Prozent aller kommunalen Brücken in Deutschland müssten instandgesetzt oder neugebaut werden. Doch weil bei den Tiefbauämtern immer mehr Mitarbeiter und Geld abgezogen worden seien, hält er es für extrem schwierig, den Sanierungsstau aufzuholen. "Ich würde fast behaupten, das ist eine Aufgabe, die unmöglich ist."

Deutsches Planungs-und Vergaberecht

Abgeplatzter beton unterhalb der Brücke

Abgeplatzer Beton unterhalb einer maroden Brücke

Auch Karsten Ditscheid aus Remscheid ist skeptisch, dass sich schnell etwas ändern lässt. "Manchmal braucht man ja zwei, drei Jahre, bis man überhaupt soweit ist, dass man ansatzweise von einer Planung sprechen kann. Genehmigungen einholen etc. - das ist eine Sache von zwanzig, dreißig Jahren."

Deutsches Planungs- und Vergaberecht sei tatsächlich wenig hilfreich, wenn es um eine Instandsetzung, vor allem aber um Neubauten gehe, meint auch Martin Mertens. Deshalb ist seine Prognose: "Ich glaube, wir müssen uns auf weitere Sperrungen einstellen."

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