Das Rektorat schaltete sich ein und am Karnevalsdonnerstag gab es einen weiteren Termin für diese Klausur. Aber die Kuh scheint noch nicht vom Eis: Die Studierenden sind sauer! Helen Raptis ist Biologiestudentin im 7. Semester, sie ist schon zweimal durch die besagte Chemie-Klausur gefallen. Die Chance, an Weiberfastnacht die Klausur noch einmal zu schreiben, hat sie nicht ergriffen. Und sie hatte einen guten Grund: die Angst vor dem Ende. Da jeder Versuch zählt, und alle Studierenden nur drei Versuche haben, wäre ein gescheiterter dritter Versuch gleichzusetzen mit: keinen Abschluss zu bekommen – sich also ein neues Fach, eine neue Uni suchen zu müssen.
Dreimal durchgefallen: Das war es!
Biologie-Studentin Helen Raptis wünscht sich eine Annulierung der Klausur.
Für die Biologiestudentin stellt sich die Frage, warum diese Klausur nicht annulliert wird. "Die Professoren haben doch zugegeben und anerkannt, dass die zu schwer war. Wieso wird dann das Ergebnis trotzdem zugelassen? Das sollte eigentlich gestrichen werden." Doch keine der Klausuren wird annulliert. Jeder Versuch zählt. Warum?
Freiheit von Forschung und Lehre
Für das Rektorat ist das klar: Sie dürfen Klausuren nicht streichen, das könne nur der Prüfende tun. Das habe etwas mit der im Gesetz festgelegten Freiheit von Forschung und Lehre zu tun. Die Hochschule hat bereits in der Vergangenheit probiert, dieses immer wieder auftretende Problem abzuschwächen, erklärt Aloys Krieg, der Prorektor für Lehre an der RWTH. "Seit etwa zwei Jahren haben wir die Freiversuchs-Regelung. Das heißt, jeder Student kann in den ersten drei Semestern insgesamt drei Versuche beantragen, die annulliert werden, nach seiner Wahl. Das betrifft einen Großteil der Studierenden."
Systematisch Klausuren mit großen Durchfallraten
Trotzdem: Es gebe etliche Klausuren, durch die regelmäßig mehr als die Hälfte durchfällt, sagt der AStA. Für die Studierendenvertretung ist das Problem mit hohen Durchfallquoten an der RWTH ein altes Problem. "Es gibt Lehrstühle, die systematisch Klausuren mit hohen Durchfallquoten haben - jedes Jahr - und wenig tun, um das zu ändern", ärgert sich Jos Steverding, Referent für Lehre & Hochschulkommunikation beim AStA.
Angstklausuren kennen alle Studierenden
Gerade in natur- und ingenieurswissenschaftlichen Fächern gibt es schon fast traditionell Klausuren mit hohen Durchfallquoten. Mathe-, Thermodynamik- oder Mechanik-Klausuren sind bei den Studierenden gefürchtet. Die Angstklausur bei den Biologiestudierenden ist bis heute die zu "allgemeiner und anorganischer Chemie". Doch so heftig wie in diesem Jahr war es noch nie. Der verantwortliche Dozent will zwar die geschriebenen Klausuren nicht annullieren, aber grundsätzlich etwas ändern.
"Im kommenden Wintersemester starten die runderneuerten Biologie-Studiengänge, die all diesen Erfahrungen Rechnung tragen (...). Ich bin sehr optimistisch, dass solche Probleme dann der Vergangenheit angehören", so Prof. Paul Kögerler, RWTH Institut für Anorganische Chemie.
Studiengang wird erneuert
Dieser neue Biologiestudiengang wäre sicher auch die beste Lösung für Helen Raptis. Denn letztlich sei die Anorganische Chemie für sie und ihre Kommilitonen nur ein Nebenfach. Es dürfe nicht sein, dass so viele Biologiestudierende wegen dieses Fachs ihr Biologiestudium nicht abschließen könnten. Was bleibt, das ist die Frage, warum erst 84 Prozent der Studierenden durch eine Klausur fallen müssen, bevor sich etwas ändert.
Unsere Quellen:
Über dieses Thema berichtet der WDR auch am 14.02.2024 im Fernsehen in der WDR Lokalzeit aus Aachen und im Radio auf WDR 2.