Nach Flut im Ahrtal: Anwälte der Beschuldigten attackieren sich gegenseitig
Lokalzeit aus Bonn. 12.03.2024. 28:24 Min.. Verfügbar bis 12.03.2026. WDR. Von Marius Reichert.
Nach Flut im Ahrtal: Anwälte der Beschuldigten attackieren sich gegenseitig
Stand: 05.03.2024, 13:33 Uhr
Zwei Jahre nach der Flut ermittelt die Staatsanwaltschaft Koblenz immer noch. Gegen den damaligen Landrat des Kreises Ahrweiler und gegen den ehrenamtlichen Einsatzleiter. Ein Ehrenamtler vor Gericht? Das würden viele für einen Skandal halten.
Von Marius Reichert
Fluthelferin Elke Wolber
Elke Wolber liebt ihr Ehrenamt. Seit der Flut hilft sie Betroffenen, ist gut vernetzt im Ahrtal. Gerade kümmert sie sich um die Flutkapelle oberhalb von Walporzheim. Aus Spenden finanziert ist mit Blick aufs Tal ein Erinnerungsort entstanden. "Es ist wichtig, dass Menschen einen Ort haben, um das Erlebte zu reflektieren - für Betroffene, aber auch Helfer und Einsatzkräfte", sagt Elke Wolber. Sie bewegt, dass es nun ausgerechnet ein Ehrenamtler ist, der in den Fokus von Ermittlungen geraten ist.
Ermittlungen der Staatsanwaltschaft
Michael Z. hatte in der Flutnacht die Einsatzleitung im Kreis Ahrweiler inne. Auch gegen seinen Vorgesetzten, den Landrat a. D. Jürgen Pföhler (CDU), ermittelt die Koblenzer Staatsanwaltschaft. Sie will herausfinden, ob die beiden die Menschen im Ahrtal womöglich zu spät gewarnt haben.
Christoph Arnold aus Bonn ist der Anwalt von Michael Z. Vor einem möglichen Prozess positioniert er sich für seinen Mandaten: "Er hat, wie alle anderen ehrenamtlichen Helfer in der Nacht auch, alles versucht, was man machen konnte. Da kann man keinen strafrechtlichen Vorwurf anknüpfen."
Wo war der Landrat, als die Flut kam?
Aus Arnolds Sicht muss Landrat Pföhler angeklagt werden. Als Vorgesetzter von Michael Z. habe er sich nur einmal kurz sehen lassen, in der Einsatzleitung. Die befand sich in einer Tiefgarage, wo zu diesem Zeitpunkt schon Chaos herrschte.
Der Landrat habe sich nur kurz in der Einsatzleitung in der Tiefgarage sehen lassen.
Danach sei Pföhler einfach verschwunden, habe stattdessen sein Auto und sein Haus vor den Fluten gerettet, so haben es Zeugen im Untersuchungsausschuss zur Flut im Mainzer Landtag zu Protokoll gegeben. Die Führung habe gefehlt, sagt Anwalt Christoph Arnold. Menschen, die diesen Job ehrenamtlich ausübten, habe man allein gelassen.
Diese Stellungnahme hält Pföhlers Anwalt dagegen für fragwürdig. Man müsse die Flut als Naturkatastrophe begreifen, für die niemand etwas könne, sagt Olaf Langhanki: "Für die Entscheidung erheblich ist, dass diese Katastrophe in ihrem Ausmaß für niemanden vorhersehbar gewesen ist und dass überhaupt keine Möglichkeit erkennbar ist, im Zuge derer irgendein Todes- oder Verletztenfall hätte vermieden werden können."
Ehrenamtler fürchten Verunsicherung
Eine Anklage gegen Feuerwehrmann Michael Z., einen Ehrenamtler? Das würde im Ahrtal wohl für einen Aufschrei sorgen, ist sich Elke Wolber sicher.
Ob die Staatsanwaltschaft gegen Jürgen Pföhler und Michael Z. Anklage erheben wird, soll sich in den kommenden vier bis sechs Wochen entscheiden.
Unsere Quellen:
- Reporter vor Ort
- Staatsanwaltschaft Koblenz
- Anwalt Christoph Arnold
- Anwalt Olaf Langhanki