Entführung in Köln: Spektakulärer Fall startet am Landgericht 

00:28 Min. Verfügbar bis 12.06.2026

Entführung in Köln: Spektakulärer Fall startet am Landgericht 

Stand: 12.06.2024, 17:12 Uhr

Am ersten Prozesstag um die Entführung einer Psychotherapeutin nennt die Staatsanwaltschaft weitere Details zur Tat. Die Männer räumen die Vorwürfe ein.

Von Markus Schmitz

Es war ein zum Teil verstörender Prozessauftakt am Kölner Landgericht. Im Fall einer Psychotherapeutin, die im vergangenen Oktober in ihrer Praxis entführt wurde, kommen jetzt Einzelheiten ans Licht. 

Der Fall: An einem Abend im vergangenen Oktober betritt ein Täter unter Vorgabe eines falschen Namens die Praxis der Frau in Köln. Nach seinem Erscheinen klingelt es erneut, der zweite Täter steht vor der Tür. Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt, dass die beiden Männer einen Plan in die Tat umsetzen, den sie vorher akribisch auf einer Liste handschriftlich zusammengefasst haben. 

Angst vor HIV

Vor Gericht kam jetzt ans Licht: Der Frau wurde eine Venenkanüle gelegt, um ihr Substanzen einzuflößen, die sie betäuben oder beruhigen sollten. Weil die Kanüle aber "unprofessionell" gelegt wurde, entzündete sich die Stelle.

Beim ersten Kampf zwischen der Frau und einem der Täter hatte sie dem Mann in einen Finger gebissen. Weil der Mann mit dem HI-Virus infiziert ist, befürchtete die Frau lange Zeit, angesteckt worden zu sein. Sie bekam HIV unterdrückende Medikamente, sagte die Staatsanwältin.

Todesangst in einer Metallkiste

Häuserfassaden

In diesem Haus soll die Frau stundenlang festgehalten worden sein

Die Frau habe über lange Zeit in Todesangst verbracht, unter anderem, weil die Männer damit gedroht haben sollen, sie in der Metallkiste, in der sie aus der Praxis entführt wurde, in den Rhein zu werfen.

Laut Anklage hatten die Männer von der Frau zunächst 15 Millionen Euro gefordert: Als sie bemerkten, dass diese Summe nicht überwiesen werden kann, wollten sie "nur noch" 1,5 Millionen.

In der Kiste soll die Frau in eine Wohnung in Köln Niehl gebracht worden sein. Der Transport, vor allem der Kiste, machte Lärm. So viel Lärm, dass auch die Bewohner des Mehrfamilienhauses, in dem die Täter leben, aufmerksam wurden. Doch auch dadurch wurde die Tat nicht verhindert.  

Millionenforderung wegen falscher Behandlung?

Während der stundenlangen Entführung musste sich die Frau laut Vorwurf in einem Badezimmer aufhalten. Den Raum hatten die Männer zuvor offenbar mit Hilfsmitteln schalldicht isoliert. Im Kühlschrank waren Essensportionen vorbereitet. 

Schwere Kindheit und eine "Liebe ohne Grenzen

Beide Männer ließen am ersten Prozesstag über ihre Verteidiger mitteilen, dass sie große Teile der Vorwürfe einräumen. Zusätzlich sprachen sie auch über "ihre Person". Demnach hatten beide, nach eigener Darstellung, ein strenges Elternhaus. Dabei ging es bei einem der Männer um Schläge des Vaters und bei dem anderen darum, dass er seine Eltern stets enttäuschte und keinen freien Willen bei der Berufswahl hatte. Ein Gutachter wird sich im Laufe des Prozesses ebenfalls noch mit den beiden befassen.

Die Männer hatten sich vor einigen Jahren kennen gelernt und seitdem eine Beziehung geführt. Ein Angeklagter sagte, dass er den Tatplan seines Partner "aus Liebe" mitgemacht habe. Der Partner war Patient der Therapeutin und mit der Behandlung nicht einverstanden. Er unterstellt der Therapeutin "Betrug, Manipulation und eine falsche Behandlung".

Entführung in Köln: Spektakulärer Fall startet am Landgericht 

WDR Studios NRW 12.06.2024 00:38 Min. Verfügbar bis 12.06.2026 WDR Online


"Mitgehangen, mitgefangen"

Deshalb haben die Männer die Frau entführt und wollten Schadenersatz. Ein Angeklagter sagte, dass er aus Liebe zu seinem Partner ihn in jeder Lebenslage unterstützen würde. "Mitgehanden, mitgefangen", deshalb habe er die Tat mitgemacht. Die beiden wollen in Haft heiraten.

Stundenlang sollen die beiden Männder die Frau festgehalten haben, bis diese schließlich die Wohnung verlassen und Hilfe holen konnte. Wenig später erreichte ein Spezialeinsatzkommando der Polizei die Wohnung und nahm die beiden Männer widerstandslos fest. 

Die Psychotherapeutin, so hieß es heute vor Gericht, hat Angstzustände und Schlafstörungen. Sie könne aus Angst nicht mehr in ihre Praxis gehen. 

Für den Prozess sind weitere 13 Verhandlungstage angesetzt. 

Unsere Quellen:

  • Staatsanwaltschaft Köln