Drogenszene in Wuppertal: Helfen statt verdrängen

03:17 Min. Verfügbar bis 20.07.2025

Drogenszene in Wuppertal: Helfen statt verdrängen

Stand: 19.07.2023, 20:11 Uhr

Die Zahl der Drogentoten steigt bundesweit. Wuppertal verfolgt bei der Drogenhilfe eine besondere Strategie. Nicht verdrängen, sondern ortsnah helfen mitten in der Stadt.

Seit Anfang der 90er Jahre gibt es direkt am Bahnhof einen Drogenkonsumraum: Gleis 1. Dort wird umfangreiche Hilfe geboten, die auch ankommt.

Ferdi Delgezenli kommt fast jeden Tag ins Gleis 1. Ohne die Hilfe der Sozialarbeiter wäre er längst im Gefängnis, erzählt der jungen Mann. Inzwischen hat er seine Drogensucht im Griff – unter ärztlicher Aufsicht wird er substituiert – erhält also Ersatzdrogen. Inzwischen konnte er sich wieder eine Existenz aufbauen. Er ist einer von vielen, die hier Hilfe gefunden haben.

Leben mit Drogen 

zwei Menchen in einem Raum

Der Drogenkonsumraum am Gleis 1

Bis zum kompletten Entzug ist es ein weiter Weg – deshalb kooperieren die Sozialarbeiter von Gleis 1 auch eng mit den Wuppertaler Ärzten. Denn nur die wenigsten seien in der Lage, komplett von den Drogen loszukommen. Durch die Ersatzdrogen hätten viele auch den Weg zurück in die Familie oder in die Arbeit gefunden, sagt der Wuppertaler Substitutionsarzt Achim Stein.

Schon kleine Erfolge zählen

"Für uns sind es schon Glückmomente, wenn wir es schaffen, dass  Drogenabhängige regelmäßig zu uns kommen. Viele haben offene Wunden, essen nicht regelmäßig. Bei uns können sie sich versorgen lassen, bekommen Mahlzeiten, können ihre Wäsche waschen und duschen", erzählt die langjährige Leiterin von Gleis 1, Klaudia Herring-Prestin. Seit kurzem testen sie hier auch das Heroin, das die Drogensüchtigen mitbringen. Denn aus den USA kommt derzeit ein lebensgefährliches künstliches Opiat nach Deutschland.

Vertrauen und Ansprache

Mit vielen der Süchtigen seien die Sozialarbeiter hier gemeinsam alt geworden. Die Mitarbeiter von Gleis 1 moralisieren nicht, sondern unterstützen. Welche Hilfe die Menschen wollen, das bestimmen sie selbst, erzählt die Leiterin.

Einige wenige schaffen über die Vermittlung der Mitarbeiter die Entgiftung und dann die Entzugs-Therapie. Andere wie Ferdi Delgezenli finden zurück in eine Normalität, die nicht allein von der Drogenbeschaffung bestimmt wird. Andere wollen einfach nur im geschützten Raum unter medizinischer Aufsicht ihre selbst mitgebrachten Drogen konsumieren.

Beschäftigung statt Platte

Viele Klienten helfen direkt im Gleis 1 – in der Küche beispielsweise. Beschäftigungsangebote gibt es aber auch im Cafe Cosa. Dort arbeitet die 23 jährige Jacky. Zum ersten Mal hat sie es geschafft, nicht den ganzen Tag im Bett zu gammeln, sondern früh aufzustehen und pünktlich zur Arbeit zu kommen, erzählt sie Das gebe ihr Halt und Sicherheit. Der Job macht Spaß auch wenn es stressig wird im Cafe. 

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