Prozess um umstrittenen Polizeikessel in Düsseldorf
WDR aktuell. 10.04.2024. 00:31 Min.. Verfügbar bis 10.04.2026. WDR.
Umstrittener Polizeikessel in Düsseldorf: Einkesselung weitestgehend rechtmäßig
Stand: 11.04.2024, 06:32 Uhr
Die umstrittene Einkesselung von über 300 Teilnehmenden einer Demonstration gegen die Verschärfung des Versammlungsgesetzes Ende Juni 2021 in Düsseldorf war weitestgehend rechtmäßig.
Von Martin Höke
Das hat am Mittwochabend das Düsseldorfer Verwaltungsgericht entschieden und fünf von sieben Klagen dagegen abgewiesen. In zwei Fällen bekamen die Kläger Recht.
Geklagt hatten drei damals beteiligte Demonstranten aus Bochum, dem münsterländischen Telgte sowie der Bonner Veranstaltungsleiter, sein Vertreter aus Düsseldorf und zwei weitere Teilnehmer aus Duisburg und Grefrath. Sie wollten die Rechtswidrigkeit der Einkesselung feststellen lassen.
Kläger: Einkesselung unverhältnismäßig
Aus Sicht der Kläger war der Polizeieinsatz "unverhältnismäßig" und die stundenlange Einkesselung von Demonstranten ein rechtswidriger Eingriff in die Versammlungsfreiheit. Die Polizei dagegen hielt den Einsatz für gerechtfertigt.
Denn am Rande der Veranstaltung war es ihren Angaben zufolge zunächst in Höhe der Altstadt zu Zusammenstößen zwischen Polizisten und einigen Aktivisten der "Antifa" gekommen.
Dabei seien Pyrotechnik und Rauchtöpfe abgebrannt und Beamte angegriffen worden. Daraufhin hatten die Polizisten Schlagstöcke und Reizgas eingesetzt.
Stopp der Demo und stundenlange Einkesselung
Die Demonstration wurde gestoppt und vor dem Gebäude des Düsseldorfer Verwaltungsgerichts wurden über 300 Teilnehmende zum Teil stundenlang eingekesselt. Darunter 38 Minderjährige.
Unter zum Teil unwürdigen Bedingungen. Denn weil die angeforderten mobilen Toilettenhäuschen nicht angeliefert worden waren, mussten die eingeschlossenen Demonstranten ihre Notdurft hinter vorgehaltenen Transparenten über einem Gully verrichten.
Gericht: In fünf Fällen Einkesselung zu Recht
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf befand die Einkesselung in fünf Fällen als rechtmäßig. Denn aus dem Block heraus "hatten teils vermummte Personen die Versammlung über einen längeren Zeitraum durch Widerstandshandlungen und Körperverletzungsdelikte gegenüber den Einsatzbeamten gröblich gestört", heißt es in der Begründung.
"Durch ihre räumliche Nähe zu den Störern durften die Einsatzbeamten davon ausgehen, [...] dass auch diese Kläger Störer der Versammlung und der störenden Gruppierung zuzurechnen sind." Vor dem Hintergrund war die Einkesselung des Blocks aus Sicht der Richter "gegenüber der Auflösung der Versammlung das mildere Mittel."
Bei zwei anderen Klägern stuften die Richter die Einkesselung dagegen als rechtswidrig ein. Die beiden hätten sich erkennbar außerhalb des Blocks befunden.
Zuständigkeiten der Gerichte laut Land unklar
Das Land NRW hatte im Vorfeld der Prozesse moniert, dass das Verwaltungsgericht Düsseldorf in diesem Fall gar nicht zuständig sei. Dessen Zuständigkeit wäre nur gegeben, wenn es sich bei dem Polizeikessel um eine präventive, also eine vorbeugende polizeiliche Maßnahme gehandelt hätte.
Nach Auffassung des Landes war der Kessel aber eine repressive Maßnahme, also eine Reaktion auf Straftaten. Daher wäre das Amtsgericht zuständig.
Im November 2022 hatte die Polizei eine entsprechende Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Münster eingereicht. Erfolglos. Die Münsteraner Richter haben die Beschwerde der Polizeibehörde am 27. April 2023 als unzulässig zurückgewiesen.
Unsere Quellen:
- WDR-Reporter vor Ort
- Land NRW
- Oberverwaltungsgericht Münster