Schöffen dringend gesucht: So werde ich Laienrichter in NRW

Stand: 28.02.2023, 12:14 Uhr

Das Land NRW sucht Schöffen und Schöffinnen für die nächste Amtsperiode von 2024 bis 2028. Wie wird man Schöffe und was bedeutet dieses Amt?

Von Oliver Scheel

Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil. So werden oft Urteilsbegründungen vor Gericht eingeleitet. Und damit die auch wirklich im Namen des Volkes gesprochen werden, wirken Schöffen an der Ausarbeitung des Urteils mit. Diese Laienrichter werden derzeit dringend gesucht.

Allein in NRW werden rund 10.000 neue Schöffen und Schöffinnen für die Amtsperiode 2024 bis 2028 benötigt. Die nächste Schöffenwahl findet schon im Frühjahr 2023 statt.

Wie aber wird man Schöffe oder Schöffin?

Es ist eigentlich ganz einfach: "In dem man einen Bewerbungsbogen ausfüllt und an die Stadt oder Gemeindeverwaltung schickt", sagte Michael Haßdenteufel, Vorsitzender der Deutschen Vereinigung der Schöffinnen und Schöffen, dem WDR. Die Formulare dazu gibt es frei zugänglich im Netz.

Dazu muss man nur sehr niederschwellige Anforderungen erfüllen: Man muss die deutsche Staatsangehörigkeit haben, der deutschen Sprache mächtig sein, nicht straffällig sein und nicht in einem Insolvenzverfahren stecken. Man muss das Amt unparteilich ausüben und zwischen 25 und 70 Jahre alt sein. Nur wenige Berufsgruppen sind von der Schöffentätigkeit ausgenommen: Polizeibeamte, Bedienstete des Strafvollzugs sowie hauptamtliche Bewährungs- und Gerichtshelfer. 

Besonders in Großstädten sei es immer eng mit neuen Kandidaten für das Ehrenamt. "Da braucht man ein paar Tausend Kandidaten. Denn auf der Vorschlagsliste müssen doppelt so viele Kandidaten stehen, wie am Ende berufen werden", so Haßdenteufel.

Viele Städte suchen derzeit noch händeringend nach geeigneten Bewerbern. Essen etwa braucht 1.600 Kandidaten für die Auswahl - bislang sind nach Angaben einer Sprecherin erst 700 Bewerbungen eingegangen. Auch in Aachen, Münster und Bonn fehlen noch etwa die Hälfte der Kandidaten. Köln dagegen hat nach Angaben eines Sprechers bereits die erforderliche Zahl von fast 3.300 Kandidaten erreicht, dort sind nur noch Bewerbungen als Jugendschöffe möglich.

Tiefe Einblicke in unsere Gesellschaft

Haßdenteufel findet den Job des Schöffens sehr spannend. "Das gibt Einblicke in die Gesellschaft", erzählte er dem WDR. Auch der Journalist Jonas Reese ist als ehrenamtlicher Schöffe tätig. "Ich war neugierig auf den Justizapparat. Was passiert da eigentlich?", sagte er zum WDR. Seiner Verantwortung ist er sich bewusst: "Mit meiner Entscheidung beeinflusse ich das Leben eines anderen Menschen."

Arbeitgeber muss Schöffen für Verhandlungen freistellen

Wie werde ich eigentlich Schöffe?

Wie werde ich eigentlich Schöffe?

Mit dem Amt des Schöffen sind auch Verpflichtungen verbunden. Man kann vom Amt des Schöffen nicht einfach zurücktreten. Und zu den Sitzungen muss man erscheinen, es gibt nur wenige Ausnahmen. Dafür werden die Schöffen von ihrem Arbeitgeber freigestellt, etwaige Verdienstausfälle werden erstattet, allerdings nur mit 24 Euro pro Stunde.

Die Ehrenamtler können jährlich bei bis zu zwölf Prozessen eingesetzt werden, die oft aus mehreren Verhandlungstagen bestehen. Jedes Urteil wird mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit der Mitglieder des Gerichts gefasst. Gegen die Stimmen beider Schöffen kann somit kein Angeklagter verurteilt werden.

Die Tätigkeit als Schöffe ist auch ein Dienst an der Demokratie. Mancherorts besteht die Sorge, dass sich beispielsweise Rechtsextreme ein Schöffenamt sichern könnten, um Urteile in ihrem Sinne zu beeinflussen. "Sollten die Kommunen Zweifel an der Verfassungstreue einer Bewerberin oder eines Bewerbers haben, steht es ihnen frei, neben dem Verfassungsschutz auch die Staatsschutzdienststellen der Polizei zu kontaktieren", erklärt das NRW-Justizministerium dazu.

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