Lauterbach will Gesundheitswesen für Militär rüsten
Aktuelle Stunde . 02.03.2024. UT. Verfügbar bis 02.03.2026. WDR. Von Claudia Weber.
So will Lauterbach das Gesundheitswesen auf Militärkonflikte vorbereiten
Stand: 02.03.2024, 18:25 Uhr
Das Gesundheitswesen soll auf mögliche Militärkonflikte vorbereitet werden. Bundesgesundheitsminister Lauterbach will für eine "Zeitenwende für das Gesundheitswesen" einen Gesetzentwurf vorlegen. Worum es dabei geht.
Im vergangenen Oktober hat Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gesagt, Deutschland müsse sich an den Gedanken gewöhnen, dass die Gefahr eines Krieges in Europa drohen könne. Bundeswehr und Gesellschaft müssten sich darauf einstellen - "kriegstüchtig" werden. Dabei gehe es um eine effektive Abschreckung: "Krieg führen können, um keinen Krieg führen zu müssen."
Jetzt zieht Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nach - allerdings ohne das Wort "kriegstüchtig" zu verwenden. "Es braucht auch eine Zeitenwende für das Gesundheitswesen", sagte er in der Samstagsausgabe der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ). "Nichtstun ist keine Option."
Was plant Gesundheitsminister Lauterbach?
Weil der Krieg in der Ukraine andauert und Russland auf aggressive Rhetorik setzt, will Lauterbach das Gesundheitswesen auf mögliche militärische Konflikte vorbereiten. Deutschland müsse sich dafür besser aufstellen, sagte er der NOZ.
Es gehe bei seiner Ankündigung nicht um Panikmache. "Es wäre albern zu sagen, wir bereiten uns nicht auf einen militärischen Konflikt vor, und dann wird er auch nicht kommen", so Lauterbach.
Deutschland könne im Bündnisfall zur Drehscheibe bei der Versorgung von Verletzten und Verwundeten auch aus anderen Ländern werden. "Wir haben schon heute so viele schwerstverletzte Menschen aus der Ukraine zur Behandlung aufgenommen wie kein anderes europäisches Land, es sind knapp 1.000."
Woran mangelt es im Gesundheitswesen bisher?
Im NOZ-Interview zählte Lauterbach verschiedene Punkte auf, die klar geregelt und eingeübt werden müssten:
- Zuständigkeiten – etwa für die Verteilung einer hohen Zahl an Verletzten auf die Kliniken in Deutschland,
- Meldewege und Möglichkeiten von Patientenverlegungen im gesamten Bundesgebiet,
- erweiterte Vorschriften zur Bevorratung,
- Einsatz und Verteilung von medizinischem Personal.
"Im Krisenfall muss jeder Arzt, jedes Krankenhaus, jedes Gesundheitsamt wissen, was zu tun ist", sagte der Minister der Zeitung. Es gehe dabei nicht nur um mögliche militärische Konflikte, sondern auch um Katastrophen. Die Corona-Pandemie habe gezeigt: "Unser Gesundheitswesen ist nicht ausreichend für Szenarien gewappnet, die wir lange für undenkbar gehalten haben."
Wie bewerten Fachleute Lauterbachs Plan?
Der Gedanke sei "absolut seriös und fachlich richtig", sagte Benno Fritzen vom Feuerwehrverband NRW am Samstag dem WDR. Doch er sei nicht neu. Es sei immer schon die Aufgabe des Bundes gewesen, die Bevölkerung im Kriegsfall zu schützen. "Dazu gehört selbstverständlich auch die gesundheitliche Versorgung, einschließlich Sanitäts- und Rettungsdienst."
Die Aufgabe sei nach der Wiedervereinigung Deutschlands in den Hintergrund getreten und müsse nun angesichts des Krieges in der Ukraine reaktiviert werden - "unabhängig von der Eintrittswahrscheinlichkeit". Falls die Situation eintreten sollte, sei keine Zeit mehr, ein so komplexes System wie den Bevölkerungsschutz einschließlich des Gesundheitsschutzes aufzubauen. Das müsse einige Jahre zuvor erfolgen. "Für mich ist dieser Plan beruhigend", sagte Fritzen.
Wie geht es jetzt weiter?
Lauterbach kündigte für den Sommer einen entsprechenden Gesetzentwurf an. Ein Austausch mit Spezialisten der Bundeswehr, dem Verteidigungs- und dem Innenministerium sei dazu bereits im Gange.
Über dieses Thema berichtet der WDR am 2.3.2024 auch im WDR Fernsehen in der Aktuellen Stunde ab 18.45 Uhr.
Unsere Quellen:
- dpa
- "Neue Osnabrücker Zeitung" (NOZ)