27.000 Menschen arbeiten derzeit im Duisburger Werk von Thyssenkrupp Steel, demnächst könnten es 5.000 weniger sein. In einem sogenannten Zukunftspapier, das am Montag veröffentlicht wurde, kündigt der Konzern radikale Stellenstreichungen bis 2030 an. Weitere 6.000 Arbeitsplätze sollen demnach ausgelagert und das Werk in Kreuztal-Eichen komplett geschlossen werden
Reaktionen aus NRW ließen nicht lange auf sich warten. Dass Thyssenkrupp seine Stahlsparte auch über den Abbau von vielen Tausend Arbeitsplätzen konsolidieren wolle, sei "bitter und bedrückend", sagte Mona Neubaur (Grüne), stellvertretende Ministerpräsidentin und NRW-Wirtschaftsministerin. Mitarbeiter und ihre Familien, aber auch die betroffenen Regionen und der Stahlstandort NRW stünden vor einer ungewissen Zukunft.
"Thyssenkrupp hatte lange genug Zeit"
ThyssenKrupp
Aber: Dass weltweit mehr Stahl produziert wird, als gebraucht, sei bekannt. Auch, dass Thyssenkrupp deshalb vor tiefgreifenden Einschnitten stehe. Der Konzern habe also lange Zeit gehabt, diese gemeinsam mit der Arbeitnehmerseite vorzubereiten, so Neubaur. "Ich gehe deshalb davon aus und erwarte auch, dass der jetzt angekündigte Restrukturierungsprozess ohne soziale Härten auskommt."
Viele Generationen von Stahlarbeitern hätten "tagein, tagaus für das Unternehmen geschuftet", mahnte Neubaur. Dem müsse das Management nun bei der Planung der Zukunft Rechnung tragen.
"Ich will, dass das Herz aus Stahl auch weiterhin in Nordrhein-Westfalen schlägt", sagte Neubaur. Dazu müsse Thyssenkrupp "jetzt die richtigen Entscheidungen treffen". Land und Bund seien bereit, die klimaneutrale Transformation der Stahlproduktion mit Milliardensummen zu fördern. Das, so Neubaur, wäre nun der richtige Schritt, "um sich auch zukünftig am Weltmarkt zu behaupten". Die Landesregierung wolle dazu "kluge Rahmenbedingungen" schaffen und "Investitionsanreize" setzen.
Ministerpräsident Wüst "im persönlichen Gespräch"
Auch Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagte auf WDR-Anfrage in einem Statement: Die Landesregierung habe "die klare Erwartung an das Unternehmen, dass es zu keinen betriebsbedingten Kündigungen kommt". Thyssenkrupp müsse seiner sozialen Verantwortung gerecht werden. Er sei persönlich sowohl mit der Unternehmensführung als auch mit Arbeitnehmervertretern im Austausch, sagte Wüst. "Wir werden die weiteren Schritte eng begleiten."
In den Wahlkampfmodus wechselnd, sprach Wüst dann von einer "wirtschaftspolitischen Schubumkehr" auf Bundesebene, die nötig sei: Niedrigere Energiepreise, weniger Bürokratie, verbesserte Investitionsbedingungen. Nur so käme der Industriestandort Deutschland "wieder auf die Beine".
SPD schlägt staatliche Beteiligung vor
Sauer auf Thyssenkrupp-CEO: Sarah Philipp
Sarah Philipp, Vorsitzende der NRW SPD, feuerte gegen Thyssenkrupp-CEO Miguel López. Er und der Stahlvorstand überschritten mit den neuen Ankündigungen "genau die roten Linien, die die Gewerkschaft und der Betriebsrat immer wieder gezogen haben", so Philipp. Dazu gehörten der Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen und Standortschließungen.
Die SPD habe immer wieder auch eine Beteiligung des Staats zur Stabilisierung des Unternehmens vorgeschlagen. "Das ist von der Landesregierung immer wieder abgetan worden."
FDP fordert "gemeinsame Zukunftsstrategie"
Die FDP in der Opposition warf der Landesregierung vor, "ohne Plan für die Stahlzukunft" zu sein. Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Dietmar Brockes, sprach von einem schwarzen Tag für die nordrhein-westfälische Industrie.
Es zeige sich "deutlich, dass die schwarz-grüne Landesregierung die drängenden Herausforderungen der Stahlindustrie sträflich vernachlässigt" habe. Anstatt "die Rahmenbedingungen für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Stahlindustrie zu sichern, hat sie sich in symbolischer Klimapolitik und ideologischen Debatten verloren".
Längst, meint Brockes, hätte die Landesregierung ein Konzept vorlegen müssen, das Unternehmen wie Thyssenkrupp bei der Modernisierung und Umstellung auf grünen Stahl unterstütze. Gemeinsam mit Unternehmen, Gewerkschaften und dem Bund müsse eine Zukunftsstrategie für die Stahlindustrie entwickelt werden.