Anja Weber

DGB-Chefin über Schwarz-Grün: "Meine Ungeduld wächst außerordentlich"

Stand: 25.04.2023, 13:33 Uhr

Kurz vor dem Tag der Arbeit übt DGB-Chefin Anja Weber heftige Kritik an der Landesregierung. Es brauche mehr Tempo bei Veränderungen. Doch von CDU und Grünen komme zu wenig.

Von Christian WolfChristian Wolf

Als im vergangenen Sommer die schwarz-grüne Koalition in NRW gebildet wurde, äußerten sich Gewerkschaftsvertreter noch optimistisch über die Pläne der neuen Regierungskonstellation. Knapp ein Jahr später ist davon nicht mehr viel übrig geblieben. Es macht sich Ernüchterung breit. Das zeigt sich kurz vor dem Tag der Arbeit am kommenden Montag - dem Höhepunkt des Jahres aus Sicht der Gewerkschaften.

"Das reicht nicht aus"

"Wir brauchen mehr Tempo in den Veränderungsprozessen und da kommt von der Landesregierung zu wenig", sagte am Dienstag die NRW-Landesvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Anja Weber. Zwar seien von CDU und Grünen einige wichtige Maßnahmen auf den Weg gebracht worden wie die höhere Besoldung für Lehrerinnen und Lehrer an Grundschulen. "Das reicht aber angesichts der aktuellen Krisen nicht aus. Das reicht nicht aus, um NRW für die Zukunft gut aufzustellen", so Weber.

Konkret sprach die DGB-Chefin die Industriepolitik des Landes an. Sie warnte vor einer "schleichenden Deindustrialisierung" und forderte eine "aktive Industriepolitik" der Landesregierung.

"Wir brauchen einen Plan, was, wo und wie in NRW produziert werden soll. Der Markt allein wird das nicht richten."

Im Saarland werde eine hochmoderne Chipfabrik gebaut, Niedersachsen wolle Photovoltaik produzieren. "Es braucht eine Profilbildung der Landesregierung. Die vermisse ich."

Konzept für Schulen und Kitas gefordert

Ein anderes Beispiel sei die "dramatische Situation" in Kitas und Schulen mit zu wenig Personal und "katastrophaler Infrastruktur". Es sei "unerträglich" und "unwürdig", dass in einem der reichsten Länder der Welt noch immer über den Zustand von Toiletten gestritten werde. Weber kritisierte: "Es gibt kein Konzept der Landesregierung, wie man diese Misere endlich nachhaltig in den Griff bekommt." Ein großes Problem seien die Finanzen der Kommunen. "Hier zeigt die Landesregierung weiterhin nach Berlin und es passiert erstmal nichts."

Angesichts all dessen sagte Weber: "Meine Ungeduld wächst außerordentlich. Die Landesregierung muss sich mehr den Themen stellen. Sie drückt sich einfach vor zu vielem herum."

Empörung über Kommunalministerin Scharrenbach

Scharrenbach sagt nicht im Untersuchungsausschuss aus

Kritik an NRW-Kommunalministerin Scharrenbach

Bei einem aktuellen Thema wurde die Gewerkschaftsvorsitzende besonders deutlich: den Auswirkungen des Tarifabschlusses im öffentlichen Dienst. Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) hatte mit Blick auf die erwarteten Kosten in der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" gesagt, dass Bürger und Unternehmen "am Ende wohl die Zeche für diesen sehr teuren Abschluss zahlen" müssten. Denn es wird erwartet, dass etliche Städte mit Gebühren- und Steuererhöhungen auf die zusätzlichen Ausgaben reagieren.

Weber nannte die Äußerungen der Ministerin "empörend". Es sei ein "brutales Stehlen aus der Verantwortung" von Scharrenbach. "Die Bürger zahlen die Zeche dafür, dass das Land die Kommunen alleine lässt", so Weber. Noch immer gebe es keine Entlastung der Kommunen von ihren milliardenhohen Altschulden.

Dutzende Kundgebungen in NRW

Ministerpräsident Hendrik Wüst und Anja Weber

Auch Ministerpräsident Wüst kommt zum Tag der Arbeit

Zum Tag der Arbeit am 1. Mai wird es laut DGB 56 Veranstaltungen in NRW geben. Die zentrale Kundgebung wird in Duisburg stattfinden - auch mit einem Grußwort von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). In anderen Städten treten ebenfalls prominente Politiker und Gewerkschafter auf. Unter ihnen sind NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) in Dinslaken, NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) in Solingen und SPD-Bundeschefin Saskia Esken in Münster. In Köln veranstaltet der DGB seine zentrale Veranstaltung auf Bundesebene mit der DGB-Vorsitzenden Yasmin Fahimi.