Kommunen sind sauer wegen falscher Zahlen zu "Delfin 4"-Tests
Stand: 11.11.2022, 14:25 Uhr
Die Zahl der Kinder, die vor der Einschulung auf ihre Sprachfähigkeit getestet werden, soll laut Landesregierung im letzten Jahr um die Hälfte zurückgegangen sein. Aber die Daten stimmen nicht.
Von Martina Koch und Rainer Striewski
Die Zahlen klangen dramatisch. Familienministerin Josefine Paul (Grüne) teilte Ende Oktober mit, dass im Jahr 2021 nur halb so viele Kinder mit dem Verfahren "Delfin 4" auf ihre Sprachfähigkeit getestet worden wären wie in den Jahren zuvor.
In einer Antwort Pauls auf eine Kleine Anfrage des SPD-Abgeordneten Dennis Maelzer hieß es: "Der Landesregierung liegen die geforderten Daten nicht aufgeschlüsselt nach Kommunen/Jugendamtsbezirken, sondern nach Städten und Kreisen vor." Dabei wurde auf eine Datenübersicht mit Zahlen der vergangenen Jahre verwiesen. Demnach hätten etwa in der Stadt Mülheim a. d. Ruhr im Jahr 2021 gar keine Sprachtests stattgefunden. Im Vorjahr waren es noch 214 gewesen.
Städte und Kreise reagierten irritiert
Auf WDR-Nachfrage teilte die Stadt jedoch mit, dass diese Daten "nicht verifiziert werden" könnten. Und auch der Kreis Minden-Lübbecke, in dem die Zahl der Testungen von 288 auf null gesunken sein sollte, konnte die Zahl nicht nachvollziehen. "Ein wesentlicher Rückgang der Anzahl der getesteten Kinder von 2020 auf 2021 ist hier im Kreis Minden-Lübbecke nicht zu verzeichnen", teilte eine Sprecherin mit. Auch aus anderen Kreisen wie auch aus der Stadt Solingen hieß es auf WDR-Nachfrage: "Diese Zahlen sind für uns nicht nachvollziehbar."
Jetzt stellt sich heraus, dass die Zahlen gar nicht stimmen. Das Schulministerium, das für die Zulieferung der Daten zuständig war, räumte Übermittlungsfehler ein. "Bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage ist es zu Übertragungsfehlern gekommen, sodass einigen Schulamtsbezirken nicht die korrekten Zahlen zugeordnet wurden. Dieser Fehler wird schnellstmöglich korrigiert", hieß es aus dem Ministerium.
Kinder mit Sprachdefizit werden gefördert
Der "Delfin 4"-Test wird von Grundschul-Lehrkräften oder sozialpädagogischen Fachleuten durchgeführt. Falls ein Förderbedarf festgestellt wird, wird den Eltern empfohlen, ihr Kind in der Kita anzumelden. Falls sie das nicht tun, werden die Eltern vom Schulamt verpflichtet, ihr Kind zu einer vorschulischen Sprachfördermaßnahme zu schicken.
Bei Kindern, die eine Kita besuchen, wird der Sprachstand in der Betreuungseinrichtung beurteilt. Falls eine Sprachförderung notwendig ist, erfolgt diese ebenfalls in der Kita.