Am Flughafen Köln-Bonn kam es in den vergangenen Wochen immer wieder zu extremen Verzögerungen

Ausgefallene Flüge: Initiative könnte Vorkasse-Prinzip für Tickets kippen

Stand: 22.08.2022, 18:25 Uhr

Reisende, deren Flug kurzfristig ausfällt, bleiben erst einmal auf den Kosten sitzen. Das Ticket haben sie schon im Voraus bezahlt. Mit einer Initiative vor dem Bundesrat will das Land Niedersachsen das jetzt ändern.

Stundenlange Verspätungen und ausgefallene Flüge: Viele die in den vergangenen Sommerferien mit dem Flieger in den Urlaub wollten, können ein Lied davon singen. Wegen des Personalmangels in der Branche kam es in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder zu Engpässen an den meisten Flughäfen in NRW und ganz Deutschland.

Besonders ärgerlich: Die Tickets für die ausgefallenen Flüge hatten die Reisenden schon im Voraus bezahlt. Auf den Kosten bleiben sie zunächst einmal sitzen. Deutlich wird das unter anderem an den Zahlen der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) in Berlin, an die sich die Betroffenen wenden können. Dort gingen zwischen dem 1. Juli und 15. August bundesweit 3.082 Beschwerden ein, wie der "Kölner Stadt-Anzeiger" berichtete. 82 Prozent davon bezogen sich auf Flugreisen.

Niedersachsen will Vorkasse-Prinzip abschaffen

Niedersachsen hat jetzt einen Vorstoß gestartet, um die Rechte der Flugreisenden zu stärken. Mit einer Bundesratsinitiative will das Land das Vorkasse-Prinzip bei Flugreisen abschaffen. "Diese Art von Vertragsgestaltung hat in den vergangenen Jahren bereits vielfach zu erheblichen Schwierigkeiten bei den Reisenden geführt, wenn die jeweiligen Flüge nicht wie geplant durchgeführt worden sind", heißt es in der Initiative der Landesregierung in Hannover. Künftig sollen Ticketpreise demnach frühestens "bei Abfertigung des Fluges" verlangt werden dürfen. Zuvor hatte das "Handelsblatt" darüber berichtet.

Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums in Hannover will die rot-schwarze Landesregierung den Vorschlag am Dienstag im Kabinett beschließen und in der nächsten Bundesratssitzung am 16. September auf die Tagesordnung bringen.

Unterstützung vom Bundesministerium

Unterstützung für die Initiative kommt unter anderem aus der Bundesregierung. Das Bundesministerium für Umwelt und Verbraucherschutz begrüße den Vorstoß aus Niedersachsen, so eine Sprecherin von Ministerin Steffi Lemke (Grüne). Es gehe darum, die Verbraucherrechte zu stärken.

Das sieht der CDU-Verkehrspolitiker Thomas Bareiß ähnlich, warnte aber vor vorschnellen Konsequenzen. Die Abschaffung des Prinzips der Vorkasse würde die Stellung des Verbrauchers zwar stärken. Aber: "In einem wachsenden globalen Reisemarkt ist es sehr wichtig, dass Deutschland für Airlines und Flughäfen wettbewerbsfähig bleibt und nicht an Attraktivität verliert."

Deutsche Luftverkehrswirtschaft sieht Rabatte für Reisende in Gefahr

Der Vorstoß an sich ist nicht neu. Die Chefin des Verbraucherzentralen-Bundesverbandes, Ramona Pop, hatte sich mit Blick auf das Flugchaos in Deutschland schon Ende Juli für die Abschaffung des Vorkasse-Prinzips ausgesprochen. Der Bundesverband fordert unabhängig von der gegenwärtigen Lage bereits seit längerem, dass der Preis für Flüge und Pauschalreisen frühestens zum Zeitpunkt des Reiseantritts fällig werden sollte.

Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft wies zuletzt dagegen auf Vorteile des Vorkasse-Systems hin. Durch die Vorkasse könnten die Fluggesellschaften langfristig planen, eine hohe Auslastung der Flugzeuge erreichen und den Verbrauchern im Gegenzug preiswertere Tickets über Frühbucherrabatte anbieten, hieß es.