Kita-Eltern bekommen Coronatests für zu Hause

Stand: 29.07.2022, 15:21 Uhr

Statt verpflichtender Tests für alle können Eltern ihre Kita-Kinder ab kommender Woche daheim testen. Wie bei den Schulen setzt die neue Landesregierung auch in den Kitas auf Eigenverantwortung.

Von Christian WolfChristian Wolf

Wenn am 1. August das neue Kitajahr in NRW beginnt, wird das Thema Corona weiterhin eine Rolle spielen. "Die Coronapandemie ist nicht vorbei", stellte Familienministerin Josefine Paul am Freitag klar. Aus diesem Grund präsentierte die Grünenpolitikerin die künftigen Regeln.

Klar ist: Wenn die Kinder nächste Woche wieder in die Kitas kommen, wird es zum Start keine flächendeckenden Coronatests geben. Auch sonst soll in den Einrichtungen nicht getestet werden. Stattdessen verlagert die neue Familienministerin das Testen zu den Eltern nach Hause. Man setze auf eine "vertrauensvolle Kooperation" zwischen den Eltern und den Einrichtungen, sagte Paul.

Das deckt sich mit der Linie der ebenfalls neuen Schulministerin Dorothee Feller. Die CDU-Frau hatte am Donnerstag die Coronaregeln für die Schulen vorgestellt und mehrfach von "Eigenverantwortung" gesprochen.

Zwei Tests pro Woche für zuhause

Konkret sollen die Kita-Eltern künftig zwei Tests pro Woche erhalten, mit denen sie ihre Kinder bei typischen Corona-Symptomen daheim testen können. Diese Regelung soll zunächst bis zu den Herbstferien gelten.

Den Einrichtungen soll es aber möglich sein, Kinder mit Symptomen von der Betreuung auszuschließen, solange kein negativer Test vorgelegt wird. Dafür soll laut Paul die Corona-Schutz-Verordnung des Landes bis zum 8. August geändert werden.

In der Praxis könnte dies zu Diskussionen führen. Denn vor allem in den Herbst- und Wintermonaten haben gerade kleine Kinder immer wieder mal eine verschnupfte Nase, die nichts mit Corona zu tun hat. Daher sagte Paul am Freitag:

"Ein Kind, das krank ist, gehört auch jenseits der Pandemie nicht in die Kita, sondern soll sich zuhause auskurieren. Wir wollen aber durch die Tests sicherstellen, dass nicht jede Rotznase, wenn ich es mal so flapsig formulieren darf, dazu führt, dass Kinder zuhause bleiben müssen." NRW-Familienministerin Josefine Paul

Trotzdem herrscht vor Ort Skepsis über die neue Teststrategie. So sieht Karen Müller-Nölling "großes Konfliktpotential". "Wir müssen kontrollieren, was eigentlich nur empfohlen ist", sagt die Leiterin einer Solinger Kita. Die Durchführung der Tests zuhause sei "beliebig" und man wisse nicht, wie konsequent das gemacht werde. Die neuen Regeln böten "im Grunde genommen keine Sicherheit".

CO2-Messgeräte und Kita-Helferinnen

Schon am Donnerstag war bekannt geworden, dass das Land die Anschaffung von CO2-Messgeräten in Kitas und auch Schulen finanziert. Sie zeigen an, wenn die Luft in einem Raum verbraucht ist und mal wieder gelüftet werden sollte. Paul wies am Freitag zudem darauf hin, dass sie bereits das bisherige "Alltagshelfer-Programm" bis Jahresende verlängert habe. Das Land finanziert damit Kita-Helferinnen und -Helfer, die das Fachpersonal bei vielen Infektionsschutzmaßnahmen unterstützen.

NRW-Familienministerin Josefine Paul spricht über das neue Kindergartenjahr 2022 bei der Landespressekonferenz im Landtag.

NRW-Familienministerin Josefine Paul

Trotz der Vorbereitungen warb Paul aber schon jetzt dafür, dass vor allem in Richtung Herbst, wenn erneut mit steigenden Infektionszahlen gerechnet wird, nicht immer alles rund laufen kann. "Wir werden nicht alle Schwierigkeiten unmittelbar lösen können." Es werde aber versucht, den "bestmöglichen Weg zu finden".

Schule, Kitas: Coronakonzepte und neue Ministerinnen

WDR RheinBlick 29.07.2022 29:16 Min. Verfügbar bis 27.07.2028 WDR Online


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Unzufriedenheit bei SPD und FDP

Die oppositionelle SPD zeigte sich in einer ersten Reaktion trotzdem unzufrieden. Die vorgestellten Maßnahmen seien "zu dünn", sagte Fraktionsvize Jochen Ott. "Mancherorts droht bereits der Kollaps, weil Erzieherinnen und Erzieher krankheitsbedingt ausfallen." Hilfreich wären zum Beispiel tägliche Testungen in den ersten beiden Wochen nach dem Kita-Start gewesen.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Landtagsfraktion, Marcel Hafke, warnte vor "Unsicherheit bei Eltern und Erziehern", wenn Kita-Leitungen nach eigener Einschätzung die Vorlage eines Tests fordern können.

Nichts Neues zu Personal und Beiträgen

Abseits von Corona ging die Familienministerin am Freitag noch auf andere Themen im Kitabereich ein. Den Mangel an Erzieherinnen und Erziehern nannte sie "ernst". Paul verwies auf eine geplante "Fachkräfte-Offensive". Ab Montag nehme dafür eine "Koordinierungsstelle" in ihrem Ministerium die Arbeit auf. Konkreter wurde sie nicht.

Das gilt auch für die Absicht der schwarz-grünen Landesregierung, auch das dritte Kita-Jahr beitragsfrei zu stellen. So ließ die Ministerin offen, wann die Entlastung kommen wird. Man sei derzeit in einem "intensiven Austausch".

Der SPD geht das nicht schnell genug. "Um Eltern jetzt schnell zu entlasten, müssen die Beiträge für Kitas und Tagespflege umgehend abgeschafft werden", sagte Ott. Die Familien im Land seien durch die steigenden Energiekosten stark belastet. Außerdem habe Paul nicht erklärt, wie sie den hohen Mangel an Erzieherinnen und Erziehern beenden wolle.

Insgesamt wird es zum Start des neuen Kita-Jahres 10.742 geförderte Einrichtungen im Land geben - rund 130 mehr als vor einem Jahr. Laut Paul wurden 5.500 zusätzliche Betreuungsplätze geschaffen. Insgesamt könnten nun 752.000 Kinder betreut werden. Trotzdem räumte die Ministerin ein, dass Eltern "mancherorts" noch Plätze suchten.