Scholz trifft Emir von Katar | sv

00:40 Min. Verfügbar bis 12.10.2025

Emir von Katar in Berlin: Warum sich Scholz mit dem Terror-Unterstützer trifft

Stand: 12.10.2023, 16:37 Uhr

Bundeskanzler Scholz hat den Emir von Katar empfangen - obwohl der Golfstaat seit Jahren die islamistische Hamas unterstützt. Scholz verweist auf Katars Vermittlerrolle.

Es war ein heikler Termin für Bundeskanzler Scholz nach seiner Regierungserklärung im Bundestag: Er empfing wenige hundert Meter entfernt im Kanzleramt den Emir von Katar, Tamin bin Hamad Al Thani. Der Golfstaat hat eine gänzlich andere Haltung zum terroristischen Angriff der Hamas auf Israel als Deutschland: Katar hat allein Israel dafür verantwortlich gemacht und auf die "ständigen Verletzungen der Rechte des palästinensischen Volkes" verwiesen.

Scholz: Flächenbrand im Nahen Osten verhindern

Olaf Scholz trifft Emir von Katar

Olaf Scholz trifft Emir von Katar zu Gesprächen.

Warum trifft sich Scholz mit einem Hamas-Unterstützer? Man müsse mit vielen sprechen, damit es nicht zum Flächenbrand im Nahen Osten komme - auch mit Ländern in der Region, die Einfluss nehmen können. Das sagte Scholz am Mittwoch in den ARD-Tagesthemen.

Angriff der Hamas auf ein Techno Festival in Israel

Angriff der Hamas auf ein Techno Festival in Israel.

In der Regierungserklärung hat Scholz auf die Vermittlerrolle Katars verwiesen: "Es wäre unverantwortlich, in dieser dramatischen Lage nicht alle Kontakte zu nutzen, die helfen können. Wir tun dies im Übrigen in enger Abstimmung mit Israel und für diejenigen, die von der Hamas entführt wurden."

Olaf Scholz empfängt den Emir von Katar

00:32 Min. Verfügbar bis 12.10.2025


Katar gilt als Vermittler zwischen Hamas und Israel

Israel startet Angriff auf Gazastreifen: es gibt viele Opfer

Opfer nach Israels Angriff auf den Gazastreifen.

Nach Angaben der Hamas versucht Katar einen Austausch israelischer Geiseln in Gaza und palästinensischer Häftlinge in israelischen Gefängnissen zu vermitteln. Dass Katar als Vermittler gefragt ist, hat mit seinen Beziehungen zu westlichen Staaten auf der einen Seite und zu islamistischen Gruppierungen auf der anderen Seite zu tun.

Katar unterstützt die Hamas

Der Golfstaat gehört seit etwa 15 Jahren zu den wichtigsten Unterstützern der Hamas. Dabei geht es um politische und finanzielle Hilfe, zum Beispiel für den Wiederaufbau von Infrastruktur nach israelischen Angriffen. Laut Deutsche Welle besuchte der damalige Emir im Jahr 2012 als erstes Staatsoberhaupt überhaupt die Hamas-Führung in Gaza. 

Die Hamas operiere auch von Katar aus, zitiert tagesschau.de den Islamwissenschaftler Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik: "Der Chef des Politbüros der Hamas, der mächtigste Mann der Organisation, Ismail Haniyya, sitzt in Doha. Er hat auch seine Siegesrede, wie er das nannte, im katarischen Fernsehen bei Aljazeera in voller Länge gehalten, ohne dass das kommentiert wurde."

Kritik am Treffen von Scholz mit dem Emir

Bundeskanzler Olaf Scholz (l, SPD) und der Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al Thani, nach ihrem Gespräch am 25. September 2022.

Scholz und der Emir von Katar nach einem Treffen im September 2022

Aus der Unionsfraktion kam Kritik am Treffen von Scholz und dem Emir. "Wir können nicht morgens den Terror der Hamas verurteilen und dann mit dem Hauptsponsor des Terrors zu Mittag essen", sagte die CDU-Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann der Zeitung "Welt". Wenn Scholz sich mit dem Emir treffe, müsse er Tacheles reden: Katar müsse für die Freilassung der israelischen Geiseln sorgen und dürfe die Hamas nicht weiter finanziell unterstützen.

FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann forderte in der "Welt", das Verhältnis zu Katar müsse neu justiert werden. "Trotzdem ist dieses Gespräch beim Bundeskanzler leider nötig, um hoffentlich so viele Geiseln wie möglich aus den Fängen der Terrorgruppe zu befreien. Das erwarten wir, sonst wäre das Gespräch Makulatur", so Strack-Zimmermann.

Deutschland bekommt Flüssiggas aus Katar

Pipelineanbindung für das LNG-Terminal

Pipelineanbindung für das LNG-Terminal in Brunsbüttel

Die Bundesregierung hat auch aus wirtschaftlichen Gründen ein eigenes Interesse an guten Verbindungen zu Katar: Erst vor knapp einem Jahr hat der katarische Energieriese Qatar Energy ein Abkommen über Flüssigerdgaslieferungen nach Deutschland abgeschlossen. Das Gas soll an das US-Unternehmen Conoco Phillips verkauft werden, das es weiter zum LNG-Terminal in Brunsbüttel in Schleswig-Holstein liefern soll. Die Lieferung soll 2026 beginnen und mindestens 15 Jahre laufen. Jährlich sollen bis zu zwei Millionen Tonnen geliefert werden.

Zuvor war Wirtschaftsminister Robert Habeck nach Katar gereist, um Gespräche über Lieferbeziehungen zu führen. Damals verteidigte Habeck den Energiekauf in Autokratien. Deutschland wollte wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine die Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas verringern. Vor diesem Hintergrund kann Deutschland zur Deckung des Energiebedarfs laut Habeck auch in Zukunft nicht nur mit Demokratien zusammenarbeiten.

Keine Pressekonferenz von Scholz und dem Emir von Katar

Eine Pressekonferenz von Scholz und dem Emir von Katar war nicht angesetzt, nur ein Fototermin bei der Begrüßung am Mittag. Pressekonferenzen mit Gästen aus dem Ausland sind anders als in Deutschland in vielen autoritär geführten Staaten wie Katar nicht üblich. Die Staatschefs dieser Länder lassen sich meistens auch bei Auslandsbesuchen nicht darauf ein.

Von einem Sprecher der Bundesregierung hieß es nach dem Treffen, Scholz und der Emir hätten über das Schicksal der Geiseln im Gazastreifen gesprochen. Bei dem Treffen habe der Kanzler unterstrichen, "dass die Hamas die volle Verantwortung für das Wohlergehen der Geiseln habe".

Die Geiseln, darunter auch deutsche Staatsangehörige, müssten schnellstmöglich freigelassen werden. Scholz habe in dem Zusammenhang "das humanitäre Bemühen Katars" gewürdigt, und es sei vereinbart worden, "hierzu in engem Kontakt zu bleiben".

Unsere Quellen:

  • Nachrichtenagenturen dpa und Reuters
  • Material von tagesschau.de
  • Bericht der Deutschen Welle

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