In Israel kommt am Versöhnungsfest Jom Kippur normalerweise alles weitgehend zur Ruhe: Autos, Busse und Bahnen stehen still. An Flughäfen gibt es keinen Betrieb. Auch Geschäfte und Restaurants bleiben geschlossen. Im Norden Israels war an diesem Samstag aber keine Ruhe.
Die Hisbollah im Libanon griff nach eigenen Angaben mit Raketen und Drohnen israelische Stützpunkte nahe der Küstenstadt Haifa an, wie die Miliz erklärte. Israel setzte im Gegenzug seine Angriffe im Libanon und auch im Gazastreifen fort.
Zweiter Jom Kippur seit Hamas-Großangriff auf Israel
Der Journalist Werner Sonne
Es ist der zweite Jom Kippur nach der Terror-Attacke der islamistischen Hamas auf Israel und dem Beginn des Kriegs in Nahost. Und man dürfe sich "keine Illusionen machen, dass wegen der Feiertage die Kämpfe abflauen", sagte Werner Sonne, ehemaliger ARD-Korrespondent in Israel, am Freitag im WDR-Interview.
Pro-Palästina-Demo unweit der Kölner Synagoge
Ein ganz normaler Jom Kippur ist es auch in Nordrhein-Westfalen nicht. In Köln zum Beispiel hat das "Palästina-Bündnis NRW" für den Nachmittag eine Demo angemeldet - nur einen Kilometer von der Synagoge entfernt.
In der Vergangenheit ist bei vielen propalästinensischen Demos in Deutschland Antisemitismus offen zur Schau gestellt worden. Auch Greta Thunberg, Ikone der Klimabewegung, nahm an manchen teil.
Schockierend für viele Juden waren zuletzt auch die Jubelszenen auf deutschen Straßen nach dem Raketenangriff des Iran auf Israel rund um den Jahrestag des Hamas-Terrors vom 7. Oktober. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden, bezeichnete den Jubel und "die Aufrufe zu offenen Israel-Hass-Protesten" als "neuen Tiefpunkt der Menschlichkeit in unserer Gesellschaft".
Vor diesem Hintergrund begann am Freitagabend das Versöhnungsfest Jom Kippur. Das Fest dauert von Sonnenuntergang bis Sonnenuntergang. Es wird gefastet - und am Ende gemeinsam gegessen.
Verboten sind an Jom Kippur nach der Thora nicht nur Essen und Trinken, sondern auch Körperpflege, sexuelle Kontakte und "Luxusgegenstände" wie Lederschuhe. Man kleidet sich weiß.
Vor Anbruch der Nacht versammeln sich Menschen in Synagogen, um das Kol-Nidre-Gebet zu sprechen - den formelhaften Widerruf aller persönlichen Gelübde, Eide und Versprechungen gegenüber Gott, die unwissentlich oder unüberlegt abgelegt wurden, so der Glaube.
Der Versöhnungstag schließt mit dem Gebet der "Ne'ila". Es ist ein letzter Appell an die Barmherzigkeit Gottes, bevor sich die Tore des Himmels schließen, wie es heißt.
Unsere Quellen:
- WDR-Interview mit dem früheren ARD-Korrespondenten Werner Sonne
- Infos des Zentralrats der Juden in Deutschland
- WDR-Recherchen zu geplanter Demo in Köln
Über dieses Thema berichten wir am 12. Oktober 2024 auch in den WDR-aktuell-Hörfunknachrichten.