Symbobild Bürgergeld, Geld und Stempel "Bürgegeld"

Handwerkspräsident kritisiert Bürgergeld der Bundesregierung: falsche Anreize

Stand: 12.09.2022, 15:03 Uhr

Der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter Wollseifer, sieht im Bürgergeld-Konzept der Bundesregierung falsche Anreize für Geringverdiener und erntet dafür Kritik.

"Es sorgt für Demotivation bei denjenigen, die mit einem geringen Gehalt regulär arbeiten. Am unteren Ende verschwimmen immer mehr die Grenzen zwischen regulärer Arbeit und dem Bürgergeld", sagte Wollseifer der Düsseldorfer "Rheinischen Post" in seiner Kritik am Bürgergeld.

"Das Nicht-Arbeiten lohnt sich für mehr Menschen"

Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks

Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks

Viele fragten sich, warum sie morgens um 7 Uhr schon arbeiten sollten, wenn Bürgergeld-Bezieher fast das Gleiche bekämen. "Die Verbesserungen für die Bezieher beim Schonvermögen, der Wegfall von Sanktionen, die deutliche Anhebung des Regelsatzes, die komplette Übernahme der stark gestiegenen Heizkosten – all das wird dazu führen, dass sich für mehr Menschen als bisher das Nicht-Arbeiten mehr lohnt als das Arbeiten."

"... all das wird dazu führen, dass sich für mehr Menschen als bisher das Nicht-Arbeiten mehr lohnt als das Arbeiten." Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks

Stefan Körzell, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), nannte diese Äußerung "zynisch". Es sei geschmacklos, Geringverdienende und Hartz-IV-Empfänger gegeneinander auszuspielen, sagte er am Montag.

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Bürgergeld als Hartz-IV-Nachfolge

Der Gesetzentwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zur Einführung des Bürgergelds in der Hartz-IV-Nachfolge ab 1. Januar 2023 soll an diesem Mittwoch vom Kabinett verabschiedet werden.

Der Regelsatz des neuen Bürgergelds soll nach Heils Plänen für alleinstehende Erwachsene monatlich 502 Euro betragen. Damit soll der bisherige Hartz-IV-Satz ab dem 1. Januar 2023 um mehr als 50 Euro erhöht werden.

Neuer Regelsatz "ein schlechter Witz"

In den Augen von Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, ist diese Anhebung um elf Prozent "ein schlechter Witz". Sie werde von der Inflation eingeholt. Damit Hartz-IV-Bezieher nicht länger in die Verschuldung getrieben werden, müsse der Regelsatz sofort um 200 Euro steigen und die Stromkosten komplett erstattet werden.

Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), sieht es ähnlich. Die Einführung des Bürgergelds biete die Chance zu einer grundlegenden Umgestaltung der Sozialsysteme, aber 500 Euro im Monat seien angesichts einer "dramatischen sozialen Schieflage" zu wenig. "Das reicht vorne und hinten nicht", so Fratzscher.