Aufregung um Grundsteuerbescheide

Aktuelle Stunde 24.01.2025 31:44 Min. UT Verfügbar bis 24.01.2027 WDR Von Bernd Neuhaus

So verschieden ist die neue Grundsteuer in NRW

Stand: 25.01.2025, 06:00 Uhr

Die Neuberechnung trifft Hausbesitzer und Mieter unterschiedlich. An diesen Orten in NRW wird es teurer - und günstiger.

Von Nina Magoley

Unter Wohnungseigentümern und Hausbesitzern hatte die angekündigte Reform der Grundsteuer schon im vergangenen Jahr für Unruhe gesorgt. Auch viele Mieter befürchten, dass ihre Warmmiete durch die Änderungen, die ab Jahresanfang 2025 gelten, bald empfindlich ansteigen könnte. Denn die Grundsteuer kann ein Vermieter voll auf die Nebenkosten umlegen.

Kommunen erheben diese Steuer auf Grundbesitz - und können die genaue Höhe über den sogenannten Hebesatz selber festlegen. Bislang galt überall ein einheitlicher Hebesatz für Wohn- und Geschäftsimmobilien. Mitte vergangenen Jahres hatte der NRW-Landtag mit einem neuen Gesetz die Option eröffnet, statt eines einheitlichen Hebesatzes für Gewerbe- und Wohngrundstücke künftig unterschiedliche Sätze festzulegen.

Plenarsaal NRW

Durch einen Landtagsbeschluss können Kommunen Hebesätze voneinander trennen.

Da die neuen Sätze ab 1. Januar gelten, dürften viele Eigentümer ihren neuen Grundsteuerbescheid bereits erhalten haben. Nach einer ersten Umfrage durch den Bund der Steuerzahler NRW fällt die Erhöhung aber vielerorts offenbar gar nicht so erschreckend aus wie befürchtet. In vielen Kommunen ist der Hebesatz sogar gesunken.

Einige Städte senken Hebesatz

So hat die Stadt Köln zum Beispiel ihren Hebesatz von 515 auf 475 Prozent reduziert. Auch in Düsseldorf ist der Hebesatz der Grundsteuer für Wohngrundstücke deutlich gesunken - ebenso in den Städten Bonn, Münster und Essen. 

In 282 Kommunen liegen die neuen Werte über den bisherigen, in 95 liegen sie darunter und in 19 Kommunen bleiben sie gleich hoch.

Die niedrigsten Hebesätze für Wohnungen haben Gütersloh, Düsseldorf, Münster, Borken und der Rhein-Kreis Neuss. Die höchsten verlangen die Kommunen Lindlar, Hagen, Witten, Monschau und Remscheid. In Lindlar, wo der Hebesatz bei 1.245 Prozent liegt, haben Bürgerinnen und Bürger bereits eine Online-Petition gestartet.

Komplizierte Berechnung

Die Berechnung der Grundsteuer ist kompliziert, denn der Hebesatz ist nur ein Teil davon. "Maßgeblich für die Höhe der individuellen Grundsteuer sind der Grundsteuerwert, die Steuermesszahl und der Hebesatz", schreibt die Finanzverwaltung NRW.

Den Grundsteuermessbetrag haben Eigentümer in einem eigenen Bescheid vorab mitgeteilt bekommen. Er richtet sich nach Größe, Alter und Zustand des Hauses und dem Grundstückswert. Dieser Wert wird mit dem von der Kommune festgelegten Hebesatz multipliziert und durch 100 geteilt. Das Ergebnis ist die zu zahlende Grundsteuer.

"Was das für die Bürger bedeutet, lässt sich pauschal nicht sagen", sagt Rik Steinheuer, Vorsitzender des Bunds der Steuerzahler NRW. Denn auch die Grundsteuermessbeträge für einzelne Grundstücke wurden verändert. "Tendenziell" könne man sagen, dass die Besitzer älterer Häuser mehr bezahlen müssen als zuvor.

Zurückhaltung angesichts Kommunalwahlen?

Der Bund der Steuerzahler NRW reagierte erstaunt darüber, dass die befürchtete, flächendeckende Erhöhung der Hebesätze ausgeblieben ist. Eine Erklärung: Viele Kommunen hätten ihre Hebesätze bereits in den Jahren 2023 und 2024 erhöht, "um in diesem Jahr Zurückhaltung üben zu können". Denn: "Im Herbst sind Kommunalwahlen."

Manche Kommunen hätten sich aus diesem Grund offenbar in diesem Jahr noch zurückgehalten, "um dann im kommenden Jahr nachzuschärfen", so Rik Steinheuer.

Rik Steinheuer im WDR-Interview

Rät zur Klage: Rik Steinheuer vom Bund der Steuerzahler

Mieter und Vermieter sollten sich juristisch beraten lassen, rät der BdSt. Eine Klage habe durchaus Chancen, sagte Steinheuer am Freitag dem WDR. Die neue Regelung rechne "mit so vielen Pauschalierungen, dass am Ende in sehr vielen Fällen für das einzelne Grundstück kein zutreffender Wert ermittelt wird". Steinheuer hält das für verfassungswidrig - der Steuerzahlerbund habe bereits Musterverfahren vorbereitet.

Verunsicherung in Hagen

Hagen gehört zu den Städten, in denen der Hebesatz seit Anfang des Jahres besonders stark angestiegen ist: Von bislang 750 Prozent auf satte 1.139 Prozent. Unter anderem liege das daran, dass die Immobilienwerte seit den 1960er-Jahren stark gestiegen seien, schreibt die Stadt auf ihrer Homepage. Das spiegele sich nun in der neuen Berechnung wider.

Doch so ganz sicher scheint man sich seiner Sache nicht zu sein: Auf der Seite rät die Stadt ihren Bürgern, ihren Bescheid genau zu prüfen. Beim Grundsteuermessbetrag sei "in einigen Fällen beispielsweise ein Komma verrutscht oder es wurde Nutzfläche versehentlich als Wohnfläche angegeben". Das Finanzamt Hagen habe eine Hotline dazu eingerichtet.

In Hagen bleibt die Grundsteuer auf dem Prüfstand

WDR Studios NRW 24.01.2025 00:43 Min. Verfügbar bis 24.01.2027 WDR Online


Arme Städte brauchen das Geld

In einem FAQ auf der Homepage erklärt die Stadt die Lage überraschend offen: In finanzschwachen Kommunen sei der Hebesatz der Grundsteuer oft höher als in wirtschaftlich stärkeren Regionen. Das liege daran, dass diese Kommunen nur begrenzte Einnahmen aus anderen Quellen - wie Gewerbesteuern oder staatlichen Zuschüssen - hätten und daher auf die Grundsteuer als wichtige Einnahmequelle angewiesen seien. Viele finanzschwache Kommunen könnten ohne diese Einnahmen ihre Kosten für Infrastruktur, Soziales und öffentliche Dienstleistungen nicht decken.

Diese Praxis führe dazu, "dass Bewohnerinnen und Bewohner ärmerer Kommunen oft stärker belastet werden als Menschen in wirtschaftlich stärkeren Regionen mit niedrigeren Hebesätzen".

Unsere Quellen:

  • Finanzverwaltung NRW
  • Bund der Steuerzahler NRW
  • Homepage der Stadt Hagen
  • Homepage der Stadt Düsseldorf
  • Nachrichtenagentur dpa

Über dieses Thema berichten wir am 24.01.2025 auch im WDR-Fernsehen: Aktuelle Stunde um 18.45 Uhr.

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