Verhinderter Schul-Anschlag: Inspiration durch berüchtigte Massenmörder?

Stand: 14.05.2022, 20:28 Uhr

Der 16-Jährige, der in Essen offenbar einen Schul-Anschlag geplant hatte, sitzt in U-Haft. Laut "Spiegel" wurde bei ihm ein "Manifest" gefunden, in dem er berühmte Attentäter und Amokläufer feiert.

Nach dem mutmaßlich vereitelten Bombenanschlag auf eine Essener Schule sitzt der 16-jährige Verdächtige seit Freitag in Untersuchungshaft. Dem Jugendlichen wird vorgeworfen, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet zu haben. Der Junge habe für diesen Freitag einen Anschlag auf die Menschen in dem von ihm besuchten Gymnasium vorbereitet, so die Generalstaatsanwaltschaft, die der Mitteilung zufolge von einem rechtsextremistischen Motiv ausgeht.

Nachdem der 16-Jährige am Mittwoch einem Mitschüler mit den Worten "Ihr werdet alle sterben!" drohte, hatte sich der Mitschüler einem Lehrer anvertraut. Dieser hatte dann die Schulleitung hinzugezogen, gemeinsam informierten sie die Polizei.

Vorbild Schulmassaker in Columbine?

Nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" soll die Polizei bei der Durchsuchung des Elternhauses des 16-Jährigen ein "Manifest" gefunden haben, in dem der Schüler über seine "Inspirationen" schrieb: Er soll darin den norwegischen Massenmörder Anders Behring Breivik als "Vorbild" genannt und Adolf Hitler zitiert haben. Außerdem seien die Amokläufe von Erfurt 2002 und Winnenden 2009 sowie das Massaker an der Columbine High School in den USA 1999 Thema des Word-Dokuments. Demnach schrieb der Jugendliche über Columbine, es sei schade, dass die Täter damals "nur insgesamt zwölf Gegner" erschossen hätten: "Ich hoffe, ich erreiche mehr Kills."

Überschrieben ist die Datei laut "Spiegel" mit "DBG-Massaker". DBG könnte für das Don-Bosco-Gymnasium stehen, die Schule des Jungen. Der Verdächtigte ist Schüler des Don-Bosco-Gymnasiums in Essen-Borbeck. Erst zu Beginn dieses Schuljahrs war er von der nahegelegenen Realschule an das Gymnasium gewechselt. Sein Elternhaus befindet sich etwa 800 Meter von der Schule entfernt.

Die Generalstaatsanwaltschaft lehnte es gegenüber dem WDR ab, die neuen Enthüllungen zu kommentieren. Es gebe datenschutzrechtliche Bedenken, außerdem könne man aus ermittlungstaktischen Gründen vorerst keine weiteren Informationen freigeben.

Biesenbach: Haftbefehl zeigt, wie ernst es ihm war

Dass das Gericht den Haftbefehl erlassen hat, zeige, "wie ernst es dem mutmaßlichen Täter war", sagte NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) am Freitag. Mitschülerinnen und Mitschüler beschreiben den Jungen indessen als "sehr guten Schüler", Lehrer als unauffällig. Er sei seinen Klassenkameraden zufolge bislang gut in die Klasse integriert und kein Einzelgänger gewesen. Allerdings habe er immer wieder Andeutungen gemacht, dass "etwas Schlimmes passieren werde", sagte ein Mitschüler dem WDR.

Rechtsextremes Material gefunden

Bei der Durchsuchung der Wohnung am frühen Donnerstagmorgen wurden laut Innenministerium eine selbstgebaute Schusswaffe, eine Armbrust mit Pfeilen, Sprengstoff sowie Material zum Bombenbau gefunden. Außerdem 16 Rohrkörper, einige präpariert mit Uhren und Nägeln. Außerdem sei "eindeutig ausländerfeindliches und rechsextremes Material" gefunden worden, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). Die Polizei sprach unter anderem von SS-Runen und rassistischen Schriftstücken.

Die Polizei durchsuchte am Donnerstag sowohl die jetzige als auch die ehemalige Schule des Gymnasiasten auf mögliche Bomben oder Waffen. Es wurden allerdings keine verdächtigen Gegenstände gefunden.

16-Jähriger war bislang nicht polizeibekannt

Laut Polizeiangaben gibt es derzeit keine Hinweise auf Mittäter. Auch der Terrorexperte Peter Neumann, der unter anderem für das NRW-Innenministerium tätig war, sieht angesichts der verhinderten Tat das Profil eines "Einzeltäters". Bislang war der 16-Jährige der Polizei nicht bekannt.

Suizidgedanken und psychische Probleme

Bei der Durchsuchung der Wohnung seien aber Hinweise darauf gefunden, dass der 16-Jährige psychische Probleme hatte, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). Reul sagte, das gefundene Material könne auch "als dringender Hilferuf eines verzweifelten jungen Mannes" gedeutet werden.

Über dieses Thema berichten wir im WDR auch am 13.05.2022 im WDR Fernsehen, Aktuelle Stunde, 18.45 Uhr.

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