Verhinderter Anschlag in Essen: So steht es um die Präventionsarbeit in NRW

Stand: 12.05.2022, 16:29 Uhr

In Essen wurde am Donnerstag ein Anschlag auf Schulen verhindert. Wie gut ist NRW bei der Prävention solcher Taten aufgestellt? Zwar gab es in den vergangenen Jahren Verbesserungen - laut Experten aber noch nicht genug.

Von Peter Hild

Nach mehreren Amokläufen an Schulen im Laufe der 2000er Jahre gibt es mittlerweile deutlich mehr Hilfs- und Präventionsangebote an den Schulen in NRW. Unter anderem hat das Land nach dem Amoklauf im münsterländischen Emsdetten Notfallpläne an den Schulen eingeführt, die 2014 aktualisiert wurden.

Aber wie steht es generell um Gewaltprävention im Land - auch vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse in Essen? Offenbar konnte der geplante Anschlag eines Schülers hier nur durch einen Hinweis an die Polizei verhindert werden.

Ein Baustein sind die sogenannten Notfallordner. Darin gibt es Handlungsanweisungen und Empfehlungen für Schulen für Krisenszenarien und Präventionsarbeit - erarbeitet vom Schul- und vom Innenministerium, dem Landeskriminalamt und der Unfallkasse NRW.

Update der Notfallordner im Sommer geplant

Die erste Version der Notfallordner gab es 2012. Nach einer ersten Aktualisierung soll es für die NRW-Schulen voraussichtlich nach den Sommerferien erneut eine überarbeitete Version geben, sagt Gerrit Schnabel, Abteilungsleiter Schulen bei der Unfallkasse NRW. Künftig soll es sogar zwei Ordner geben, einen für Anleitungen in Krisenlagen und einen mit Tipps, Angeboten und Ansprechpartnern für Präventionsarbeit.

Mittlerweile gebe es eine Vielzahl unterschiedlichster Programme und Seminare zu Gewaltprävention, sozialem Lernen, gegen Rassismus und Diskrimierung, die zum Beispiel im Unterricht an den Schulen umgesetzt werden, sagt Schnabel: "Viele Schulen gehen das Thema Gewaltprävention offensiver an, da spürt man eine stärkere Sensibilität als noch vor zehn oder 15 Jahren." Jede Schule müsse aber individuell schauen, was für ihre Schülerklientel am besten passe.

Bundesweite Schulungen für Krisenteams

Das Landesinstitut für Präventives Handeln des Saarlandes bildet seit mehr als zehn Jahren bundesweit Krisenteams in Schulen aus: Lehrerinnen und Lehrer, die in realen Situationen üben, Signale und Hinweise auf potentielle Gewalt- oder Amoktäter frühzeitig zu erkennen. "Gerade Amoktaten werden über oft über einen längeren Zeitraum geplant. Wir versuchen Lehrer zu sensibilisieren, Zeichen und Hinweise wahrzunehmen und mögliche Gefahren rechtzeitig zu erkennen", erklärt Hagen Berndt, der an dem Institut die Ausbildung mitverantwortet.

Es werde bundesweit viel getan, um solche Gewaltvorfälle zu verhindern, so Berndt. Und diese seien in den vergangenen Jahren auch deutlich zurückgegangen seien. Viele Schulen versuchten stärker, ein positives und unterstützendes Klima in ihren Einrichtungen zu schaffen.

Nachholbedarf bei Psychologen

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sieht allerdings noch Nachholbedarf beim Schulpersonal. "Es gibt nach wie vor zu wenig Schulsozialarbeiter und -psychologen an den Schulen", sagt der stellvertretende Vorsitzende Sebastian Krebs. Außerdem müsse eine Lehrkraft für weniger Schülerinnen und Schüler zuständig sein, damit sie nah genug an möglichen Sorgen und Problemen der Kinder und Jugendlichen dran sein könne, betonte Krebs.

Die Landesregierung hat in den vergangenen Jahren zwar die Zahl der Schulpsychologen immer wieder erhöht. Statistisch kommen auf einen Psychologen aber immer noch mehrere tausend Schüler in NRW. Eine WDR-Umfrage im vergangenen Monat unter den NRW-Kommunen hatte außerdem ergeben, dass es in vielen Städten an Schulsozialarbeitern fehlt.

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