Fall Fabio: Gefährdete Kinder, die wegen Corona niemand mehr sieht

Stand: 03.12.2020, 18:00 Uhr

Teil 2/2 - Fall Fabio: Jugendamt sieht keine Fehler bei sich

Von Arne Hell und Lena Kampf

Im Fall des 5-jährigen Fabio aus Mönchengladbach ist dies nicht geschehen, obwohl die Kita nach Aussage einer Erzieherin das noch vorgeschlagen hatte. "In so einem Fall erwarte ich, dass die Jugendämter dann ganz stark in die Familien gehen und die Kinder im Blick behalten", sagt die SPD-Landtagsabgeordnete Britta Altenkamp, Vorsitzende der Kinderschutzkommission im NRW-Landtag, "das ist das gewesen, was im Lockdown schief gegangen ist bei ganz vielen Jugendämtern."

Das Jugendamt Mönchengladbach hatte Fabio kurz vor dem Lockdown das letzte Mal besucht und hielt ihn nicht für akut gefährdet. Und das, obwohl auch dessen jüngerer Bruder wenige Tage davor schon mit blutunterlaufenden Augen ins Krankenhaus gekommen war. Das Jugendamt glaubte in beiden Fällen den Ausreden der Mutter.

Auf Anfrage schreibt das Jugendamt Mönchengladbach, dass eine so starke Gefährdung der beiden Kinder nicht festgestellt worden sei, "die ein Eingreifen des Jugendamtes gerechtfertigt hätte". Der Mutter seien freiwillige Hilfsangebote gemacht worden, die diese aber abgelehnt habe.

Kita versuchte, Kontakt zu Fabio zu halten

Strafbar gemacht haben sich die Jugendamtsmitarbeiter mit dieser Fehleinschätzung offenbar nicht. Die Staatsanwaltschaft hatte keine Ermittlungen gegen sie aufgenommen. Vor Gericht stehen im Moment Fabios Mutter und deren Lebensgefährte. Er soll Fabio mit Schlägen getötet haben. Ihr wird Todschlag durch Unterlassung vorgeworfen. Die Verteidiger der beiden wollen sich im Moment nicht zu den Vorwürfen äußern. Als Zeugin soll in dem Prozess eine der Erzieherinnen aus Fabios früherer Kita aussagen.

Während des Lockdowns im April soll die Kita noch versucht haben, Kontakt zu der Familie zu halten und sich ein Bild von dem Jungen zu machen. Doch niemand habe aufgemacht, auch Post sei zurückgekommen.

Nach Informationen von WDR und SZ hatte die Kita das Jugendamt darüber auch informiert. Die Antwort der Mitarbeiterin dort: Sie hoffe, dass die Kitas bald ihren Betrieb wieder aufnehmen können, im Sinne der Kinder, „die wir alle gerne im Blick behalten möchten“. Das Jugendamt wollte sich wegen des laufenden Prozesses dazu auf Anfrage nicht äußern.