Randale in Freibädern - wer steckt dahinter?
Stand: 21.07.2023, 17:05 Uhr
Gewaltsame Übergriffe in Freibädern machen Schlagzeilen - auch in NRW. Wer sind die Randalierer? Das Landeskriminalamt NRW hat für den WDR die Polizeiliche Kriminalstatistik ausgewertet.
Von Sascha Schwarz und Rainer Striewski
"Als ich früher als Kind ins Freibad gegangen bin, gab es auch schon Rangeleien, aber was wir derzeit erleben ist eine neue Qualität", sagt Christian Mankel von der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen. Er ist der Einzige, der mit uns über das Problem reden will. "Junge Männer zwischen 12 und 25, nicht ausschließlich mit Migrationshintergrund, aber auch mit Migrationshintergrund sind die Hauptverursacher, die zu Konfliktsituationen führen", berichtet Mankel.
Das sagt die Statistik
Das Landeskriminalamt (LKA) Nordrhein-Westfalen hat für den WDR umfangreiche Zahlen zusammengetragen. Das Ergebnis: 2019, also vor Schließung der Freibäder in der Corona-Pandemie, hatten 29 Prozent der Tatverdächtigen keine deutsche Staatsangehörigkeit. Im vergangenen Jahr waren es etwa 37 Prozent. Zieht man in Betracht, dass in NRW nur 17 Prozent der Menschen ohne deutschen Pass leben, heißt das: Statistisch sind die Tatverdächtigen überproportional häufig Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit.
Das sagt die Statistik nicht
Auch wenn die Zahlen auf den ersten Blick eindeutig scheinen: Sie sind vorsichtig zu interpretieren. Die Statistik des LKA beschreibt nicht das Verhalten von Menschen mit Migrationsgeschichte generell. Es geht auch nicht um Asylbewerber. Sondern ausschließlich um Menschen, die keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Darunter fallen auch Italiener, Griechen oder Niederländer.
Auf der Suche nach Erklärungen
Mansour: "Jugendkultur, die asoziales Verhalten fördert"
"Das sind Menschen, die aus patriarchalischen Familienstrukturen kommen - ein System, das Menschen beibringt, sich nach oben zu beugen und nach unten zu treten", erklärt der Psychologe Ahmad Mansour. Er selbst hat einen Migrationshintergrund und beobachtet mit Sorge die Gewaltbereitschaft dieser Gruppen. Seiner Ansicht nach habe sich Deutschland zu lange davor gescheut, das Problem klar zu benennen.
Reden statt schweigen
Auch bei unserer Recherche zeigt sich: Niemand möchte öffentlich mit uns über das Thema reden. "Es ist eigentlich egal, wie man in der Kommunikation auftritt, man hat als Rückmeldung entweder man sei Rassist oder Faschist oder man sei links-grün-versiffter Systemling", fasst Bäder-Sprecher Mankel die Erfahrungen der Badbetreiber zusammen.
Psychologe Mansur wirbt darum für einen differenzierten, aber ehrlichen Umgang mit den Zahlen: "Sprachlosigkeit ist eine der großen Ursachen, meiner Meinung nach, für die Stärkung rechtsradikaler Tendenzen, die in unserer Gesellschaft allein diese Themen für sich beanspruchen und darüber reden."
Werden Übergriffe in Bädern immer häufiger?
Auch wenn es in den Medien so wirken könnte: Die Zahl der Taten ist laut Statistik gesunken. 2019 waren es insgesamt 2.325. Im vergangenen Jahr 2.010.
Hinweis: In einer ersten Version des Textes war an einer Stelle von Taten statt von Tatverdächtigen die Rede. Wir haben die Angaben korrigiert.