Masken-Affäre im Bundestag: Wenn eine Hand die andere wäscht

Stand: 13.03.2021, 17:56 Uhr

Mehrere Unionspolitiker sollen Maskengeschäfte vermittelt und dafür viel Geld bekommen haben. Für die Union ist die Affäre eine Katastrophe - aber wohl keine Ausnahme.

Wolfgang Bosbach ist längst kein Bundestagsabgeordneter mehr. Trotzdem wurde der CDU-Politiker aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis vor einem Jahr mit Anrufen und Mails bombardiert - von Unternehmen, die Corona-Schutzmasken anbieten wollten. Er sollte an den richtigen Stellen dafür Werbung machen. Geld sei ihm nicht angeboten worden, sagt Bosbach, er hätte auch keines verlangt: "Auf die Idee wäre ich gar nicht gekommen."

Symbolbild Korruption: Ein 500 Euro-Schein wird übergeben

Andere hatten da möglicherweise weniger Skrupel. Unionspolitiker stehen im Verdacht, 2020, als die Deutschen verzweifelt versuchten, die riesige Masken-Lücke zu schließen, Firmen hilfreich zur Seite gestanden zu haben. Kontakte gegen Geld, so der Vorwurf. Die Abgeordneten Georg Nüßlein und Nikolaus Löbel verloren Amt und Ansehen, die Union stürzte in eine massive Krise - und das zwei Tage vor den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg.

"Ehrenerklärungen" haben eine ungute Tradition

Die Berliner Parteifreunde reagierten energisch: Alle 240 Abgeordneten sollten eine sogenannte Ehrenerklärung unterschreiben, dass sie nicht an der Corona-Krise verdient haben. Solche "Ehrenerklärungen" gab es auch früher schon: Bundeskanzler Konrad Adenauer hat eine abgegeben für die Wehrmachtssoldaten von einst, Wolfgang Schäuble hat sich per Ehrenerklärung hinter seinen Bundeskanzler gestellt, als der hartnäckig darüber schwieg, wer die schwarzen Kassen der Partei gefüllt hatte.

Aber dass es gleich um die Ehre einer ganzen Fraktion geht, ist neu. "Ein historischer Vorgang", sagt der Journalist Markus Feldenkirchen, und: "Ein extremes Misstrauensvotum". Heißt: Die Partei fürchtet, dass noch mehr Fälle aufgedeckt werden, auch jenseits der Masken-Affäre.

Warum stehen CDU und CSU so im Fokus?

Sind Mitglieder von CDU und CSU besonders anfällig für solche Geschäfte? Bei den genehmigten Tätigkeiten ist ihr Anteil jedenfalls deutlich höher als bei SPD, FDP oder Grünen. Sie taten sich auch sehr schwer, einem Lobbyregister zuzustimmen, mit dem nachvollziehbar werden sollte, wer sich mit wem getroffen hat und was daraus wurde. Vereinbart wurde mit der SPD schließlich eine entschärfte Variante - auf Druck eben der Union.

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Aber unabhängig von der Parteizugehörigkeit: Es ist wohl auch eine Typfrage. Patrick Mussel, Professor für Persönlichkeitspsychologie in Berlin, sagt, dass es oft gierige Menschen sind, die nach immer mehr streben. "Dann kann es passieren, dass moralische oder rechtliche Grenzen überschritten werden." Die Folge: Korruption, vielleicht sogar Straffälligkeit.

Lobbyregister und Transparenzoffensive

Ob das Lobbyregister ein geeignetes Instrument ist, um verdeckte Geschäfte zu verhindern - Kritiker haben ihre Zweifel. Auch die fraktionseigene "Transparenzoffensive" finden sie viel zu lasch. Keine bezahlte Interessenvertretung, keine Spenden, Bestechung wird als Verbrechen behandelt - gut. Aber warum müssen Nebeneinkünfte erst ab 100.000 Euro angegeben werden? "Das ist eine sehr große Summe für die meisten Leute in unserem Land", heißt es von der Organisation "Abgeordnetenwatch".

Es geht nicht nur um Recht, es geht auch um Moral

Für Ruprecht Polenz, ehemaliger CDU-Abgeordneter aus Münster, ist die Transparenzoffensive ein Schritt in die richtige Richtung. Ansonsten ist eines klar: "Nicht alles, was nicht ausdrücklich verboten ist, sollte man auch machen." Sein Parteifreund Wolfgang Bosbach sekundiert: "Jeder, der ein öffentliches Amt hat, muss doch wissen, dass das unvereinbar ist" - und liefert noch eine Lebensweisheit: "Mit dem Geld wird man auch nicht glücklich."