Die Maschen der Betrüger auf Kleinanzeigen und Vinted
Stand: 10.11.2023, 06:00 Uhr
Second-Hand-Klamotten, Spielzeug, gebrauchte Technik: Auf Portalen wie Vinted und Kleinanzeigen kann man echte Schnäppchen machen. Leider sind dort auch Betrüger unterwegs. WDR-Digitalexperte Jörg Schieb gibt Tipps, was zu beachten ist.
Die beiden Plattformen Kleinanzeigen (früher eBay Kleinanzeigen) und Vinted sind derzeit sehr beliebt: Sie bieten eine Art Flohmarkt für jedermann, rund um die Uhr. Hier verkaufen in der Regel Privatleute an Privatleute, vor allem Second-Hand-Klamotten oder gebrauchte Technik oder gebrauchtes Spielzeug.
Kleinanzeigen und Vinted boomen
Die Portale boomen, weil es hier durchaus interessante Schnäppchen gibt. Millionen Menschen kaufen und verkaufen hier. In der Regel klappt das alles auch recht gut: Die Parteien einigen sich in der Regel per Chat auf den Plattformen – auf Preise und Übergabe. Doch es häufen und mehren sich Betrugsfälle auf den Portalen: Betrüger sind immer dort, wo Menschen arglos unterwegs sind.
Eine wachsende Zahl von Betrügern nutzt die Portale, um Käufer wie Verkäufer – beide sind gefährdet! – um ihr Geld und ihre Produkte zu bringen. Sie nutzen Sicherheitslecks in den Abläufen und Bezahlsystemen, um darauf nicht vorbereitete Menschen zu hintergehen. Hier die fünf wichtigsten Fallen und Betrugsmaschen.
1. Die Paypal-Freunde-Masche
Viele Menschen bezahlen heute im Online-Shop mit Paypal und sind das gewohnt. Das machen sich Betrüger zunutze. Sie bieten auf Kleinanzeigen oder Vinted vor allem höherpreisige Dinge an, erzeugen künstlich Druck durch Hinweise, dass auch andere Interessenten da sind – und bestehen dann darauf, dass mit Paypal in der „Freunde“-Version bezahlt wird.
Paypal kennt beim Überweisen von Geld zwei Varianten. In der ersten „Für Waren und Dienstleistungen“, die Online-Shops automatisch verwenden, hat der Käufer einen eingebauten Käuferschutz: 180 Tage kann ein Paypal-Kunde dem Zahldienst ein Problem melden und bekommt im Zweifel sein Geld zurück. Wird jedoch mit der „Freund“-Funktion bezahlt, die ausschließlich dafür vorgesehen ist, Freunden gebührenfrei Geld zu senden, gibt es den Käuferschutz nicht.
Die Betrüger lassen sich das Geld überweisen, versenden die Artikel aber niemals. Es gibt praktisch keine Chance, das Geld zurückzubekommen. Deshalb sollten Käufer diese Option niemals nutzen.
2. Die „Ich hole ab“-Masche
Aber auch Verkäufer können mit Paypal geprellt werden: Der Käufer bezahlt mit der „Waren und Dienstleistungen“-Funktion. Angeblich, um sich abzusichern. Das kostet Gebühren. Dann vereinbaren die Betrüger eine Abholung an der Haustür.
Wenig später reklamieren die Betrüger „Käuferschutz“: Sie reklamieren, die Ware nie erhalten zu haben. Der Verkäufer kann nicht belegen, die Ware versendet zu haben – was bei Paypal Bedingung ist. Das Geld wird vom Verkäufer zurückgeholt, der Betrüger erhält es zurück und hat die Ware. Ein Trick, der vor allem bei hochwertigen und teuren Hightech-Produkten angewandt wird.
3. Der Versandhandel-Trick
Eine Masche, die vor allem auf Vinted angewendet wird. Betrüger verkaufen neuwertige Waren – vor allem Klamotten – auf der Plattform zu erschwinglichen Preisen. Der Käufer bezahlt über die offiziellen Zahlsysteme von Vinted oder Kleinanzeigen, was Sicherheit verspricht. Der betrügerische Versender aber nimmt die Daten des Kunden, die ihm nun vorliegen, und bestellt in seinem Namen bei Otto, Zalando oder einem anderen Onlineshop die bestellten Waren auf Rechnung.
Die Betrüger geben sogar die Tracking-Nummer des Versandhandels bei Vinted an, um den Versand zu dokumentieren. Der Empfang wird dort registriert. Wenn die Waren neuwertig ankommen, fällt den meisten nicht auf, dass sie von einem großen Versender kommen. Irgendwann trudeln Rechnungen und Mahnungen ein. Doch meist zu spät, um bei Vinted oder Kleinanzeigen eine Erstattung zu bekommen.
4. Die Vorabkasse-Masche
Betrüger bieten unter fadenscheinigen Gründen an, beim Überweisen der Hälfte des Kaufpreises – meist bei teuren Waren – dem Interessenten den Zuschlag zu geben und die Waren auf den Weg zu bringen. Oft wird sogar eine Fake-Tracking-Nummer angegeben. Die Betrüger bestehen auf Anweisung des halben Betrags per Paypal und mit der „Freunde“-Funktion.
Es kommt nie Ware an. Das Geld ist weg. Deshalb dieser Methode nicht zustimmen.
5. Die Phishing-Falle
Weil die Portale Kleinanzeigen und Vinted so populär sind, konzentrieren sich bestimmte Banden darauf, hier Phishing-Attacken loszutreten. Sie verkaufen Waren und senden den Opfern – meist über Chat – einen Link zu. Der Link verweist angeblich auf eine Paypal-Seite oder eine Vinted-Seite. Auf der Fake-Seite, die täuschend echt aussieht, werden sensible Daten abgefragt und dann ausgenutzt.
Auch Verkäufer werden gelinkt. Sie erhalten eine Fake-Seite, in der behauptet wird, das auf einem Treuhandkonto hinterlegte Geld des Käufers würde nun auf die Kreditkarte überwiesen. Wer alle Daten eingibt, läuft Gefahr, dass die Kreditkarte belastet wird.
Wichtige Verhaltensregeln
Wer ein paar Regeln beherzigt, reduziert das Risiko enorm, in solche Fallen zu tappen.
Es kommt entscheidend darauf an, sich nicht hetzen zu lassen und keine Links anzuklicken, die einem andere Beteiligte – außer die Portale selbst – zusenden oder anbieten.
Der gesunde Menschenverstand ist das Wichtigste, um nicht betrogen zu werden. Unbedingt mit Käufer oder Verkäufer unmissverständlich und klar kommunizieren. Wenn die Kommunikation merkwürdig verläuft, die andere Partei dringend und schnell etwas geregelt haben will, darf man schon skeptisch sein.
Wenn es sich einrichten lässt, auf Abholung verständigen – und Bar bezahlen (lassen). Hier ist am wenigsten Betrug möglich. Wer kauft, sollte sich nur bei wirklich vertrauenswürdigen Menschen und Freunden per Paypal bezahlen lassen.
Auch als Verkäufer sollte man auf der Hut sein, vor allem, wenn man hochwertige Artikel wie Smartphones oder Hightech verkauft. Und als Käufer, wenn zu günstig um wahr zu sein, dann ist es wohl nicht wahr. Der gesunde Menschenverstand und kommunizieren hilft einem schon weiter –reduziert das Risiko enorm, Opfer einer Betrügerei zu werden.
Über den Autor
WDR-Digitalexperte Jörg Schieb
Jörg Schieb, Jahrgang 1964, ist WDR-Digitalexperte und Autor von 130 Fachbüchern und Ratgebern. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Digitalisierung und deren Auswirkungen auf unseren Alltag.