Riesen-Aquarien in NRW: Wie gefährlich sind sie?
Stand: 16.12.2022, 18:28 Uhr
Nach der Explosion des Riesen-Aquariums "AquaDom" in Berlin stellt sich die Frage, wie sicher solche Attraktionen sind. Auch in NRW gibt es einige Großaquarien. Die Gefahr sei aber nicht vergleichbar, sagen Experten.
Von Nina Magoley
Er galt als das größte freistehende, zylindrische Aquarium der Welt: der "AquaDom" im sogenannten "CityQuartier DomAquarée" in Berlin Mitte. In seinem Inneren befand sich ein Fahrstuhl. Am frühen Freitagmorgen barst der 16 Meter hohe Wasserturm, eine Million Liter Wasser schossen durch die Hotellobby bis auf die Straße. Zwei Menschen wurde dabei leicht verletzt, fast alle 1.500 Fische und andere Wassertiere starben.
Das Mega-Becken gehörte mit zu den Attraktionen, die das benachbarte Aquarium "Sea Life" bewarb. Die Ursache des Berstens muss nach Angaben der Feuerwehr noch untersucht werden. Vermutungen zufolge könnte es sich um Materialermüdung handeln, aber auch eine Bewegung des Acrylglases nach großen Temperaturschwankungen oder minimale Erdbewegungen - etwa durch U-Bahn oder Bauarbeiten - werden diskutiert.
Gibt es vergleichbare Aquarien in NRW?
Es gibt Aquarien in mehreren großen Städten, meist angegliedert an Zoos. Mit Abstand die größten Aquarienzoos sind die in Oberhausen und in Königswinter. Beide werden von dem Unternehmen "Sea Life" betrieben und beherbergen tausende einheimischer und exotischer Wasserbewohner in unterschiedlichen Wasserbecken.
"Sea Life Oberhausen" wirbt mit einem 148 Quadratmeter großen Flachwasserbecken, in dem Haie gezüchtet werden. Außerdem gibt es dort ein 1,5 Millionen Liter Wasser fassendes Ozeanbecken. Besucher können es über einen zehn Meter langen Acrylglastunnel durchqueren und dabei Fische auf Augenhöhe sehen. Auch am Standort Königswinter gibt es ein Ozeanbecken mit 600.000 Litern Wasser. Dort wurde noch im April ein Großer Stechrochen eingesetzt, der mit bis zu 15 Stundenkilometern durch das Becken schießen kann.
Könnte auch hier ein ähnlicher Unfall wie in Berlin passieren?
Druckwelle spülte Mobiliar auf die Straße
Unwahrscheinlich, sagt Andy Kusch vom Großaquarien-Hersteller Diamantaquarien in Havixbeck. Anders als im Ozeanbecken in Oberhausen waren die eine Million Liter Wasser in Berlin in dem gläsernen Zylinder auf 14 Meter Füllhöhe aufgetürmt. "Die Höhe der Wassersäule macht den Unterschied und ist entscheidend", so Kusch, "dadurch entsteht ein enormer Druck auf die Acrylglasscheiben". Das Ozeanbecken in Oberhausen sei viel größer und vor allem flacher, über dem Besuchertunnel befänden sich nur noch wenige Zentimeter Wasser, "der Druck auf den Scheiben ist deutlich geringer". Dennoch könne es natürlich auch hier zu Brüchen kommen mit Wasserschäden. Für eine so explosionsartige Druckwelle wie in Berlin fehlt aber offenbar die Kraft des Wassers.
Nach Angaben der Bundesingenieurkammer ergibt jeder Höhenmeter im Wasserdruck eine Tonne pro Quadratmeter an seitlichem Druck. Bei 14 Metern Wassersäule reichte der Druck also aus, um die Hotellobby zu zerstören und das Mobiliar quer über die vor dem Haus liegende Straße zu fegen.
Wie werden Großaquarien gesichert?
Nach der Fertigstellung würden solche Riesenbecken von der örtlichen Gewerbeaufsicht abgenommen, sagt Kusch. Danach obliege die Sicherheitskontrolle einer mit der Technik beauftragten Person oder Abteilung. Eine Art regelmäßiger Wartungspflicht durch eine unabhängig Behörde gebe es aber nicht.
Besonders anfällig seien die Fugen zwischen den Scheiben, sagt Heinrich Bökamp, Präsident Bundesingenieurkammer. Dementsprechend würden sie anfangs genau kontrolliert. Danach aber habe der Eigentümer die sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Doch bei einem solchen Bauwerk wie dem Riesenaquarium in Berlin seien die Fugen schwer zu überwachen. Materialermüdungserscheinungen oder ein beginnender Riss könnten bei der Höhe auch gut übersehen werden.
So sah der Aquadom mal aus
Der "AquaDom" war im Sommer gerade nach längerer Sanierung für mehr als zwei Millionen Euro wieder neu eröffnet worden. Sea Life betonte am Freitagnachmittag in einer Erklärung, der AquaDom sei "eine eigenständige Attraktion und ist nicht im Besitz des Sea Life Berlin, auch Wartung und Instandhaltung liegen nicht beim Sea Life Berlin."
Was sagt Sea Life zur Sicherheit der Aquarien in NRW?
Den Vorfall im Berliner AquaDom bezeichnet Sea Life als "einzigartig und beispiellos". Das Unternehmen verpflichte sich dazu, "branchenführende Gesundheits-, Sicherheits- und Schutzstandards" einzuhalten. Standardmäßig würden alle Aquarien einer regelmäßigen - "täglichen, monatlichen und jährlichen Sicherheits- und Strukturprüfungen unterzogen". Dazu gehörten "robuste Wartungssysteme", sorgfältige Inspektionen "mindestens einmal jährlich von unabhängigen Inspektionsstellen durchgeführt".