Brasilianischer Regenwald

Regierungswechsel in Brasilien: Was das für den Amazonas bedeutet

Stand: 02.01.2023, 20:02 Uhr

Dem Amazonas-Regenwald wird im Kampf gegen den Klimawandel große Bedeutung beigemessen. Unter Brasiliens neuem Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva soll er wieder besser geschützt werden.

Von Christian Zelle

An Neujahr hat der Linkspolitiker Lula seine neue Amtszeit angetreten - im Beisein von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Die Hoffnung, dass damit der Amazonas künftig wieder besser geschützt wird, ist bei Professor Niklas Boers vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) "definitiv groß", sagte er am Montag dem WDR. Aber mit schnellen Erfolge rechnet er nicht: "Erst die kommenden Jahre bis Jahrzehnte werden zeigen, ob der Regierungswechsel in Brasilien tatsächlich auch einen Wendepunkt für den Regenwald darstellt.

35 Millionen Euro aus Deutschland für Amazonas-Schutzfonds

Für den Schutz des Regenwaldes kann Lula finanzielle Hilfen der Bundesregierung einplanen. Diese hat am Montag 35 Millionen Euro für den Amazonas-Schutzfonds freigegeben, den der neue brasilianische Präsident genau wie den Entwaldungsbekämpfungsplan reaktiviert hat.

"Die nun wieder eingesetzten Instrumente des Amazonas zeigen, dass Lula - im Gegensatz zu Bolsonaro - verstanden hat, dass der Amazonas ein sehr bedeutendes und einmaliges Ökosystem ist, das es zu schützen gilt", sagt Boers. Wie sich Lulas Richtungswechsel auswirkt, müsse sich zeigen, aber den Potsdamer Klima-Experten stimmt zuversichtlich, dass Lula schon zweimal bewiesen habe, dass er es kann: "Während Lulas ersten beiden Amtszeiten sind die jährlichen Abholzungsraten auf ein Fünftel gesunken. Wenn daran angeknüpft werden kann, wäre das super."

Klar ist, dass sehr große Teile des Amazonas bedignungslos zu Schutzgebieten erklärt werden müssen.  Niklas Boers, Experte für Klimafolgenforschung
Bundespräsident Steinmeier zu Besuch im brasilianischen Amazonas

Bundespräsident Steinmeier zu Besuch im brasilianischen Amazonas

Für den Schutz des Amazonas müsste Brasilien mehr Hilfe bekommen: "Reiche Länder wie Deutschland müssten eigentlich mehr tun. Zumal Investitionen in den Schutz des Amazonas sehr effizient sind: Man schützt direkt das Ökosystem, erhält hoffentlich die Artenvielfalt und tut gleichzeitig etwas für den Klimaschutz." Boers verweist auf die große ökologische Bedeutung des Amazonas: In seinem Gebiet leben zehn Prozent der bekannten Spezies, und gleichzeitig kann er große Mengen des klimaschädlichen CO2 aus der Atmosphäre entnehmen.

Regenwald verliert Fähigkeit zur CO2-Bindung

Das CO2-Bundungspotenzial des Amazonas stehe aber stark unter Druck. "Durch den menschlichen Einfluss verbunden mit Dürren und Verlängerung der Trockenzeit hat der östliche Teil diese Fähigkeit bereits verloren - dort wurde in den letzten Jahren mehr CO2 freigesetzt als aufgenommen. Diesen Prozess gilt es dringend umzukehren", betont Boers.

Amazonas: Wenn Urwald zur Savanne wird

WDR 5 Quarks - Hintergrund 12.02.2020 09:53 Min. Verfügbar bis 11.02.2025 WDR 5 Von Gudrun Fischer


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Die Situation sei sehr ernst, auch wenn die Folgen für uns Menschen vielleicht erst in einigen Jahrzehnten spürbar werden. Rund 26 Prozent der ursprünglichen Amazonas-Fläche haben laut Boers bereits nicht mehr ihre ursprüngliche Regenwaldbedeckung. Der Großteil sei durch direkte Abholzung und Brandrodung, der Rest durch zunehmende Dürren, unkontrollierte Feuer oder Umweltverschmutzung durch illegale Minen verloren gegangen.

Die Hoffnung ist definitiv groß, und verglichen mit der Amtzeit von Bolsonaro kann es eigentlich nur besser werden. Niklas Boers, Experte für Klimafolgenforschung

Erreichen der Klima-Kipp-Punkte droht

Je höher der Verlust, desto größer die Sorge, dass Klima-Kipp-Punkte erreicht werden könnten. Im Falle des Amazonas sei die Sorge vor "einem relativ abrupten Kippen des Ökosystems" groß. Das könnte zu einem Übergang des Regenwaldes in eine Savanne innerhalb weniger Jahrzehnte führen.

Boers verweist auf Schätzungen, wonach dieser Prozess bei einem Verlust von etwa einem Viertel der ursprünglichen Fläche in Gang gesetzt werden könnte: "Das ist natürlich mit sehr großen Unsicherheiten behaftet. Was wir aber sicher wissen, ist, dass solche Prozesse kaum umzukehren sind, wenn sie erst einmal im Gange sind."

Diese Gefahr sieht auch Gesche Jürgens, Brasilien- und Amazonas-Expertin bei Greenpeace. Trotzdem verknüpft sie wie Boers große Hoffnungen mit der Amtsübernahme Lulas. Er habe bereits gezeigt, dass er "Waldzerstörung und Umweltverbrechen wirklich erfolgreich eindämmen kann", sagte sie im WDR.

Brasilien wird jetzt nicht über Nacht zum Paradies, wo niemand mehr Hunger leidet, wo der Amazonas direkt geschützt ist. Gesche Jürgens, Greenpeace

Deswegen werde jetzt aber nicht sofort alles besser: "Bolsonaro hat ja nicht nur im Regenwald Kahlschlag angezettelt, sondern auch bei den Behörden, die für den Schutz der Natur zuständig sind. Da muss ganz viel wieder aufgebaut werden."

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