Hörbuchcover: "Das kleine Haus am Sonnenhang" von Alex Capus

"Das kleine Haus am Sonnenhang" von Alex Capus

Stand: 08.02.2024, 12:00 Uhr

Selten sind die Geschichten von Alex Capus durch und durch erfunden. Oft geht es bei Capus um das eigene Leben – wie auch jetzt wieder in "Das kleine Haus am Sonnenhang". Eine Rezension von Katja Weise.

Alex Capus: Das kleine Haus am Sonnenhang
Ungekürzte Lesung, gelesen vom Autor.
Der Hörverlag, 2024.
3 CDs (Laufzeit 3 Stunden und 53 Minuten), 22 Euro.

"Das kleine Haus am Sonnenhang" von Axel Capus

Lesestoff – neue Bücher 08.02.2024 04:09 Min. Verfügbar bis 07.02.2025 WDR Online Von Katja Weise


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"Als ich noch ein ziemlich junger Mann war, nicht mehr Student und noch nicht Schriftsteller, habe ich für fast kein Geld im Piemont ein kleines Haus gekauft. Es war ein wirklich kleines Haus. Ganz allein stand es in einem Seitental des Seitentals an einem terrassierten Sonnenhang, der wohl einst ein Rebberg gewesen war."

Hier verbringt Capus mit seiner Freundin Nadja, die heute seine Frau ist, verwunschene Sommer – mit Blick auf das Dorf, das aus der Ferne wie ausgestorben scheint.

"Die Leute hatten augenscheinlich jahrhundertelange Übung darin, sich unsichtbar zu machen."

Capus ist ein Meister der pointierten, präzisen und doch wie hingetupft wirkenden Beschreibung. Der damals angehende Schriftsteller bleibt auch über die Winter in dem kleinen Haus: bis sein erster Roman fertig ist. Nur ab und zu radelt er ins Dorf und trifft in der Bar 'Da Pierluigi' Mauro, Roberto, Sergio und die anderen. Männer, die wie er ein bisschen Gesellschaft suchen.

Capus nimmt uns mit auf einen Nostalgietrip in die „letzten Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts“, als es noch Tankstellen mit Tankwart gab, schriftliche Nachrichten nur per Post zugestellt wurden und fast niemand ein Handy besaß. Er erzählt von alltäglichen Begebenheiten - dem Kauf eines Ofens für sein kleines Haus – und außergewöhnlichen: An einem Winterabend wird der Opferstock in der Kirche aufgebrochen.

Da reicht es nicht, dass die Carabienieri ermitteln, der "Maresciallo" muss gerufen werden. Und wie er dieses "Verbrechen" regelt, ist unbedingt lesenswert, am Ende holt er die eigene Geldbörse hervor:

"Die Sache war erledigt. So geht italienisch-katholische Konfliktmanagement. Wahre Geschichte. Ich war dabei."

Aber eigentlich geht es in diesem schmalen Buch vor allem ums Schreiben, um die Suche nach den eigenen Wurzeln und Prinzipien. In dem Maresciallo, der gedankenverloren die Spuren im Schneefeld vor der Kirche betrachtet, erkennt Capus einen "Wesensverwandten":

"Wenn ich einen Roman schreibe, stehe ich wie er vor dem Schneefeld der Vergangenheit und versuche mir aus den Fußstapfen, welche die Menschen hinterlassen haben, einen Reim zu machen."

Erst allmählich kristallisiere sich dann eine "Fährte" heraus. Es ist erstaunlich, wie es Alex Capus gelingt, die verschiedenen Ebenen zu verbinden – die Alltagsgeschichten aus dem Dorf mit den ebenso unterhaltsamen wie erhellenden Gedanken über sein Schreiben und das, was ihm im Kern am wichtigsten zu sein scheint: die Liebe und das Leben. In dem er eben nicht Tag und Nacht auf der Suche nach neuen Figuren und Stoffen sei:

"Ich weiß, dass es Autoren gibt, die bei jeder Beerdigung, jeder Liebesnacht und jedem Kneipengespräch an literarische Verwertbarkeit denken. Ich arbeite nicht so. Das fände ich unredlich, vielleicht sogar hinterhältig (...). Ich lebe, weil ich ein Mensch bin. Meine Arbeit als Schriftsteller verrichte ich zu Bürozeiten."

Anfangs, in dem kleinen Haus am Sonnenhang, auch mal nachts. Irgendwann erobert ein Siebenschläfer den Dachboden, wird der Ofen gestohlen, ist der Roman fertig. Alex Capus bricht auf – und wir freuen uns auf weitere Geschichten von ihm.