Opel-Vorstandschef Nelson Stork (li.) und Ministerpräsident Franz Meyers neben Kadett Modell

Stichtag

10. Oktober 1962 - Eröffnung des Opel-Werks in Bochum

Bei strömendem Regen legt Franz Meyers im Juli 1962 den Grundstein zum langjährigen Bau der Ruhr-Universität. Drei Monate später hat der NRW-Ministerpräsident in Bochum wieder Grund zum Feiern. Diesmal steht er trocken in einer Werkshalle, vor sich ein halbfertiges Auto als Rednerpult; hinter ihm dröhnen dafür Karosseriepressen. "Ach, könnte der Staat doch auch so schnell bauen", wünscht sich Meyers bei der Eröffnung des Bochumer Opel-Werks, das in der Rekordzeit von zwei Jahren errichtet wurde.

Seit Ende der 50er Jahre haben die Menschen im Ruhr-Revier Angst vor dem "Zechensterben". Binnen kurzer Zeit verlieren fast 20.000 Bergleute ihre Arbeit. "Wie rettende Engel", gesteht Regierungschef Meyers in seiner Eröffnungsrede, habe er deshalb 1960 eine Delegation des Rüsselsheimer Opel-Konzerns begrüßt. Unter Psyeudonymen und getarnt in einem Mercedes waren die Chefs der Adam Opel AG ins Ruhrgebiet gekommen, um über den Standort für ein neues Autowerk mit 14.000 Arbeitsplätzen zu verhandeln.

20.000 Beschäftigte in Spitzenzeiten

Ein einziges Grundstück für das komplette Werk hatte Bochum nicht bieten können. Deshalb investierte die Stadt rund 100 Millionen Mark in zwei Zechengelände in Laer und Langendreer samt Autobahnanschluss und Bahnverbindung. Dort zog die General-Motors-Tochter Opel für 1,3 Milliarden Mark ein Karosserie- und ein Motorenwerk hoch. Bereits während der Eröffnungsfeier am 10. Oktober 1962 rollen in Bochum die ersten Opel Kadett A vom Band. Das Modell der unteren Mittelklasse wird ein voller Erfolg, knapp 650.000 Stück können bis 1965 gebaut werden.

Viele Ex-Kumpel genießen die neue Arbeit bei Tageslicht  – auch wenn manches gewöhnungsbedürftig ist: Unter Tage sei man voll verantwortlich gewesen. Bei Opel aber kontrolliere alle 25 Meter ein Meister im grünen Kittel, erzählt Günter Perschke, Opelaner der ersten Stunde und langjähriger Betriebsratschef. Der Erfolg des Kadett A macht Opel für die Stadt zum unverzichtbaren Arbeitgeber. Das Werk expandiert und baut vom Nachfolgemodell Kadett B sogar mehr als 2,7 Millionen Fahrzeuge. In den 70er Jahren klettert die Zahl der Beschäftigten auf rund 20.000. Wie Opel-Fan Mike Rebbert identifizieren sie sich ganz mit ihrem Werk: "Opel kommt aussem Ruhrgebiet, ich komm aussem Ruhrgebiet, das gehört zusammen, das ist Gesetz."

Durch Management-Fehler in die Krise

Mit dem Sportwagen GT, den Typen Manta und Ascona erweitert Opel Bochum seine Produktpalette, doch der Absatz geht zurück. 1980 schreibt der Autobauer erstmals rote Zahlen. Roboter sollen die Kosten senken, Teilproduktionen werden an Zulieferbetriebe ausgelagert. Der von General Motors eingesetzte Sparkommissar Ignacio Lopez drückt gnadenlos auf deren Preise und damit auch auf die Qualität bei Opel. So trudelt die Marke, angeheizt durch eine wenig attraktive Modell-Politik, in eine Krise, die nicht nur den Marktanteil weiter sinken lässt. Ende der 90er Jahre beschäftigt Opel Bochum nur noch rund 11.000 Mitarbeiter. Deren Hoffnungen ruhen nun auf Deutschlands erstem Kompakt-Van, dem Zafira.

"Wir werden im ersten Jahr 120.000 Zafira bauen und noch ca. 200.000 Astra", verspricht Werkssprecher Alexander Graf Praschma 1999 den Bochumern. Die Qualitätsmängel werden zwar behoben; trotzdem leidet Opel weiter unter den Management-Fehlern der vergangenen Jahre und einer verfehlten Strategie des US-Mutter-Konzerns. 2004 droht General Motors erstmals, das Werk in Bochum zu schließen. Für die Stadt und die Beschäftigten unter Führung von Betriebsratschef Reiner Einenkel beginnt damit der Kampf um jeden Arbeitsplatz. Von einst 20.000 sind inzwischen nur noch 4.300 übrig geblieben. Nach 50 Jahren Opel Bochum soll Ende Oktober 2012 endgültig über die Zukunft des Werks entschieden werden.

Stand: 10.10.2012

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