Handball-Nationalspieler Julian Köster vom VfL Gummersbach im Testspiel gegen Portugal.

Handball-EM: Julian Köster ist der Unverzichtbare

Stand: 09.01.2024, 18:22 Uhr

Julian Köster vom VfL Gummersbach ist aktuell der einzige Spieler im EM-Kader der Handball-Nationalmannschaft, der bei einem NRW-Verein unter Vertrag steht. Der 23-Jährige spielt im Team von Alfred Gislason eine tragende Rolle.

Von Lukas Thiele

Wie sich ein Handball-Spiel in einem Fußball-Stadion anfühlt, weiß Julian Köster aus persönlicher Erfahrung nicht. Aber er hat sich immerhin schon einmal informiert. "Mein Vereinstrainer Gudjon Valur Sigurdsson hat ein Spiel in einem Fußballstadion schon erlebt, die Atmosphäre sei sehr speziell, sagt er", sagte der Spieler des VfL Gummersbach dem "Kölner Stadt-Anzeiger".

Nach Mittwochabend kann Köster dann selbst sein Wissen weitergeben. Denn dann trifft die deutsche Handball-Nationalmannschaft im Düsseldorfer Fußballstadion im ersten Spiel der Handball-EM auf die Schweiz (20.45 Uhr). Rund 53.000 Zuschauerinnen und Zuschauer werden dabei sein - so viele wie noch nie zuvor bei einem Handball-Spiel. "In Kiel standen zuletzt 10.000 Fans hinter uns, und wenn jetzt das Fünffache an Menschen da ist, wird es noch lauter und noch geiler", drückte Köster gegenüber "Handball-World" seine Vorfreude aus.

Bundestrainer Gislason schwärmt von Köster

Dass Köster dann auch viel Zeit auf dem Feld verbringen wird, steht außer Frage. Denn Köster ist im Team von Bundestrainer Alfred Gislason unverzichtbar. Mit zwei Metern Körpergröße ist er der größte Spieler im DHB-Kader. Trotzdem ist er beweglich, was ihn sowohl defensiv als auch offensiv zu einem Faktor macht. Durch seine Fähigkeit, offensiv verteidigen zu können, kommt Köster im Innenblock neben Anführer Johannes Golla eine wichtige Rolle zu. "Der Junge gehört schon jetzt zu den besten Abwehrspielern in der Welt", sagte Gislason jüngst der Süddeutschen Zeitung.

Offensiv bringt er alles mit, um sowohl als Spielmacher als auch als Schütze zu agieren. Gislason setzt aber vor allem auf seine Defensivkünste: "Köster wechsle ich meistens nach einer Viertelstunde im Angriff aus - weil ich ihn bis zum Spielende in der Abwehr brauche", sagte er.

EM bereits Kösters drittes Turnier

Und als ob das noch nicht genug ist, bringt Köster trotz seiner erst 23 Jahre neben seinen sportlichen Fähigkeiten auch schon die Erfahrung von zwei internationalen Turnieren mit. Nachdem er unter Gislason im November 2021 sein Debüt im DHB-Trikot feierte, stand er wenige Wochen später auch im Kader für die Europameisterschaft - und rechtfertigte seine Nominierung mit 18 Toren in sieben Partien. Das Besondere: Köster spielte damals mit dem VfL Gummersbach noch in der zweiten Liga und hatte noch kein einziges Bundesliga-Spiel bestritten. "Viele haben mich für verrückt erklärt. Doch spätestens jetzt sollten alle Kritiker verstummt sein", sagte Gislason damals nach dem Turnier.

Bei der Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr in Polen und Schweden hatte Köster dann schon eine tragende Rolle inne - und machte erneut mit starken Leistungen auf sich aufmerksam. Dann auch als Bundesliga-Spieler, denn Köster stieg mit dem VfL im Sommer 2022 in die erste Liga auf.

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Köster in Gummersbach Kapitän

In Gummersbach ist er mittlerweile auch Kapitän. "Julian besitzt eine große Spielintelligenz. Auch wenn er körperlich stark ist und seinen Körper gut einsetzt, löst er viele Situationen mehr mit Verstand als mit Kraft", sagte sein Vereinstrainer Sigurdsson über ihn. Und Köster zahlt das Vertrauen zurück. Im vergangenen August verlängerte er seinen Vertrag bei den Bergischen vorzeitig bis 2026 und schlug dabei zahlreiche andere Angebote aus.

So ist Köster nun tatsächlich der einzige deutsche Nationalspieler, der bei aktuell bei einem Verein aus Nordrhein-Westfalen unter Vertrag steht. Zwar wurden Lukas Zerbe (TBV Lemgo) und Tim Nothdurft (Bergischer HC) nach der Verletzung von Rechtsaußen Patrick Groetzki und dem noch unklaren Einsatz von Rune Dahmke nachnominiert, stehen aber noch auf Standby.

Erste Trainerin war Mutter von Florian Wirtz

Köster ist NRW derweil stark verbunden. In Bielefeld geboren lernte er das Handballspielen im Raum Köln beim TuS SW Brauweiler. Seine Trainerin damals war Karin Wirtz, Mutter des Fußballers Florian Wirtz. "Es ist ganz lustig, wir kommen aus dem gleichen Dorf, gingen auf die gleiche Schule", sagte Köster einmal über den Profi von Bayer 04 Leverkusen.

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Von Brauweiler wechselte Köster 2015 zum TSV Bayer Dormagen, wo er 2018 sein Debüt in der 2. Handball-Bundesliga gab. 2020 folgte dann der Wechsel nach Gummersbach.

In Kösters Fokus steht jetzt aber die Europameisterschaft - genauer gesagt das Spiel gegen die Schweiz. "Ich beschäftige mich nur mit der Schweiz", sagte Köster. "Sie sind eine starke und gefährliche Mannschaft. Wir müssen an unserer Limit gehen." Dabei setzt der 23-Jährige auch auf den Heimvorteil: "Es kribbelt schon ordentlich. Ich freue mich am meisten auf die Kulissen. Das wird unfassbar laut in den Hallen und ein einzigartiges Erlebnis, wenn man vor so vielen Menschen spielen darf", sagte er mit Blick auf das Rekordspiel in Düsseldorf und erinnerte an die WM vor vier Jahren: "Da ist teilweise das Hallendach weggeflogen, weil so viel Stimmung war. Ich hoffe, dass wir so etwas auch erleben können."

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