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Salzburger Protestanten erreichen die preussische Grenze (Zeichnung)

2. Februar 1732 - Einwanderungspatent für die Salzburger Protestanten in Preußen

Als die Protestanten aus dem katholischen Salzburg vertrieben werden, nimmt sie König Friedrich Wilhelm I. in Preußen auf. Seine Hilfe ist aber keineswegs uneigennützig.

Es ist ein Sonntag, als die Salzburger Protestanten im November 1731 von ihrem Rauswurf erfahren. Erzbischof Leopold Anton von Firmian lässt von den Kanzeln verkünden, dass die Lutheraner ausgewiesen werden. Die Gegenreformation in dem Kleinstaat erreicht ihren Höhepunkt.

Einwanderungspatent für Salzburger Protestanten (am 02.02.1732)

WDR Zeitzeichen 02.02.2022 14:53 Min. Verfügbar bis 03.02.2099 WDR 5


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Die Entscheidung erschüttert die politische Ordnung Europas, die nach dem Dreißigjährigen Krieg im Westfälischen Frieden festgelegt worden ist. Es wurde zwar keine Religionsfreiheit verabredet, aber der korrekte Umgang mit Andersgläubigen. Doch das kümmert das Erzstift Salzburg nicht.

"Aus Erbarmen"

Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. sieht seine Chance, sich als Schutzherr des Protestantismus in Europa zu inszenieren. Er selbst ist zwar Calvinist und kein Lutheraner. Aber für ihn ist dieser Unterschied bloß "Pfaffengezänk". Er ist bereit, die sogenannten Salzburger Exulanten "aus christköniglichem Erbarmen" aufzunehmen. Das verkündet er am 2. Februar 1732 in seinem "Einwanderungspatent".

Damit steht er in der Tradition seines Großvaters, dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm. Dieser hat Hugenotten angesiedelt, die aus Frankreich geflüchtet sind. Friedrich Wilhelm I. gibt seinen Erlass jedoch nicht aus Empathie, sondern aus Berechnung heraus. Er braucht Bauern und Handwerker. In Ostpreußen hat gerade die Pest gewütet.

Dreimonatige Flucht

Laut des Westfälischen Friedens müsste der Salzburger Erzbischof den sogenannten Krypto-Protestanten drei Jahre Zeit für die Auswanderung zubilligen. Doch die Mittellosen unter ihnen müssen binnen acht Tagen ausreisen. Die Vermögenden haben drei Monate Zeit, weil sie noch Steuern zu zahlen haben.

Die Preußen organisieren die Fluchtrouten. Während die Emigranten in katholischen Gebieten oft nicht einmal Futter für die Pferde erhalten, werden sie in evangelischen Gegenden sogar mit Geld ausgestattet. Auch jüdische Gemeinden sind solidarisch. Trotzdem kommt geschätzt jeder Vierte der rund 20.000 Menschen bei der dreimonatigen Flucht ums Leben.

Propaganda des Königs

In Ostpreußen angekommen werden die Salzburger Protestanten auf mehr als 200 Ortschaften verteilt. "Ihr sollt es gut bei mir haben", hat der Preußenkönig versprochen. Er gewährt ihnen Steuerprivilegien und eigene Parzellen.

Aber wie alle seine Untertanen behandelt der Despot Friedrich Wilhelm auch die neuen Siedler schlecht. Für ihn zählen nur Steuern, Soldaten für seine Armee und Ruhm: Mit Flugschriften und Medaillen verkündet er in ganz Euro seinen Einsatz für die Salzburger Protestanten.

Autor des Hörfunkbeitrags: Heiner Wember
Redaktion: Geas Rünker

Programmtipps:

ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 2. Februar 2022 an das Einwanderungspatent für Salzburger Protestanten in Preußen. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.

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