Nach dem zweiten Weltkrieg bis in die 1990er Jahre wurden schätzungswiese über 15 Millionen Mal Kinder in Kur verschickt. Viele der Verschickungskinder aus Ost- und Westdeutschland erlebten diese Zeit als Grauen. Im Jahr 2016 beginnt Lena Gilhaus ihrer Geschichte und denen vieler weiterer Betroffenen nachzugehen. Sie findet heraus: Bis zu 600.000 Kinder jährlich brachten Sonderzüge in die Berge oder ans Meer, wo sie sich bei gutem Essen und frischer Luft erholen sollten.
Doch bei den sechswöchigen bis dreimonatigen Aufenthalten erlebten die Kinder häufig Esszwang, harte Strafen und Gewalt. Briefzensur verhinderte, dass die Kinder Hilfe holen konnten. Ihre Recherche offenbart unbarmherzige Konzepte hinter dem Kinderkursystem, gravierende Missstände und auch staatliches Versagen. Obwohl viele Taten in der Vergangenheit liegen, erschweren die Verantwortlichen eine Aufarbeitung bis heute. Verjährungsfristen verhindern eine strafrechtliche Verfolgung von teilweise schwerer sexueller Gewalt an Kindern.
Das Feature erzählt die Geschichte einer doppelten Reise, mit dem Vater und anderen Verschickungskindern zu den Kinderkurheimen und den Verantwortlichen – und zu den Ursprüngen der unbarmherzigen Kurkonzepte.
Am 03.07. von 23:00 - 23:45 Uhr zeigt das Erste in der ARD History-Ausgabe Lena Gilhaus Recherche "Verschickungskinder. Missbrauch und Gewalt bei Kinderkuren". Ihr Buch "Verschickungskinder. Eine verdrängte Geschichte“, das am 6.7. bei Kiepenheuer und Witsch erscheint, nimmt das Thema noch umfassender in den Blick.
Buchtipps
Lena Gilhaus (06.07.2023): Verschickungskinder. Eine verdrängte Geschichte. Köln: Verlag Kiepenheuer & Witsch. 352 Seiten, 24 Euro. ISBN: 978-3-462-00288-1.
Autorin: Lena Gilhaus
Redaktion: Gundi Große