"Willow"-Projekt in den USA: Das steckt hinter dem umstrittenen Vorhaben
Stand: 23.03.2023, 06:00 Uhr
In Alaska liegt die größte unberührte Fläche Amerikas. Der Ölkonzern ConocoPhillips darf dort in Zukunft neue Ölfelder erschließen. Laut Umweltschützern ein weiterer Schritt in die Klimakrise und ein Wortbruch des US-Präsidenten.
Von Lukian Ahrens
Vergangene Woche hat US-Präsident Joe Biden das umstrittene Ölförderprojekt im US-Bundesstaat Alaska genehmigt. Es geht um Tausende Jobs, Millionen Barrel Öl und Milliarden von Dollar. Eigentlich war das sogenannte "Willow"-Projekt, das noch von der Trump-Regierung beschlossen worden war, bereits vom Tisch. Nun soll es trotz massiven Widerstands von Umweltschützern doch noch realisiert werden.
Was ist das "Willow"-Projekt?
Das "Willow"-Projekt umfasst drei neue Ölfelder in North Slope, dem nördlichen Teil Alaskas, der sehr dünn besiedelt und weitgehend unberührt ist. Ursprünglich hatte der Konzern ConocoPhillips größere Pläne verfolgt, die Straßen, mehrere Brücken und Pipelines sowie fünf neue Ölfelder beinhalteten. Die Trump-Regierung hatte diesen Plänen bereits zugestimmt, bevor ein Gericht 2021 das Projekt aufgrund von Umweltaspekten stoppte.
Nun wurde das Vorhaben in etwas kleineren Dimensionen doch genehmigt. Insgesamt sollen 600 Millionen Barrel Öl im Rahmen des "Willow"-Projekts gefördert werden, was die Ölreserven der USA auf einen Schlag verdoppeln würde. Nach Unternehmensangaben schaffe das Vorhaben rund 2.500 kurzfristige und 300 langfristige Jobs und könnte durch Steuern und Abgaben bis zu 17 Milliarden US-Dollar in die öffentlichen Kassen spülen. Politisch genießt das Projekt in Alaska daher breite Unterstützung.
Welche Auswirkungen hat das "Willow"-Projekt?
Dem gegenüber stehen Umweltverbände, die das Projekt aufgrund seiner Auswirkungen für das Klima massiv kritisieren. Nach Schätzungen der US-Regierung würden die Bohrungen 9,2 Millionen Tonnen CO2 im Jahr freisetzen - in etwa die Menge, die jährlich zwei Millionen Autos auf den Straßen ausstoßen.
Proteste gegen das "Willow"-Projekt in den USA
Bei einer Laufzeit von 30 Jahren kämen so knapp 280 Millionen Tonnen CO2 zusammen. "Das ist genau das, was hier noch aus dem Tagebau Garzweiler 2 gefördert werden soll", sagt Dirk Jansen vom BUND dem WDR. Das zeige, dass man noch weit davon entfernt sei, das Pariser Klimaabkommen zu erfüllen und aus den fossilen Energien auszusteigen. "Da unterscheiden sich die USA kaum von der Politik hier in Nordrhein-Westfalen."
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass das Gebiet der Lebensraum von seltenen Vögeln, Walen und Polarbären ist, weswegen auch das US-Innenministerium Bedenken angemeldet hatte, was die Auswirkungen des Projekts auf Flora, Fauna und den Lebensunterhalt der indigenen Bevölkerung betrifft. "Es ist ein massiver Eingriff in Natur und Umwelt, beispielsweise in die Wanderwege der Karibu-Herden", sagt Jansen.
Warum gibt es gerade gegen das "Willow"-Projekt einen so heftigen Widerstand?
Problematisch am "Willow"-Projekt sind nicht nur die Auswirkungen für das Klima und die Tiere und Menschen in der Region. Es stößt auch vielen in den USA sauer auf, dass US-Präsident Joe Biden mit der Genehmigung des Vorhabens eines seiner Wahlversprechen gebrochen hat - nämlich das Versprechen, keine Ölbohrungen auf öffentlichem Land zu erlauben.
US-Präsident Joe Biden
Ebenso würden die Klimaziele der Biden-Regierung, die Treibhausgasemissionen der USA bis 2030 zu halbieren, laut Umweltschutzorganisationen wie "Earth Justice" durch das genehmigte Projekt kaum zu erreichen sein. Noch im vergangenen Jahr hatte Biden ein milliardenschweres Klimaschutzgesetz erlassen.
Warum hat die Biden-Regierung dem "Willow"-Projekt zugestimmt?
In den Wochen vor der Entscheidung der US-Regierung formierte sich ein massiver Protest gegen das "Willow"-Projekt vor allem auf Social-Media-Plattformen wie TikTok. Unter dem Hashtag #StopWillow wurden Videos mit insgesamt über 150 Millionen Zuschauenden hochgeladen. Auch eine Petition gegen das Vorhaben, die 4,7 Millionen Mal unterzeichnet wurde, konnte Joe Biden nicht davon abbringen, das Projekt zu genehmigen.
Grund dafür ist vor allem, dass die USA angesichts des Kriegs in der Ukraine gezwungen sind, ihre heimischen Energiequellen auszubauen und so die Energiesicherheit zu stärken. Auch verweist die Biden-Regierung darauf, dass im Gegenzug eine rund 2,8 Millionen Hektar große Fläche im arktischen Ozean auf unbestimmte Zeit für Öl- und Gasförderung eingeschränkt wurde.
Über dieses Thema berichteten wir am 22. März 2023 im WDR Fernsehen: WDR aktuell um 21.45 Uhr.