Wiederaufbau in der Ukraine: NRW-Unternehmen helfen mit Investitionen
Stand: 11.06.2024, 14:37 Uhr
Eine internationale Ukrainekonferenz soll heute den Wiederaufbau im Land voranbringen – und Investitionen anschieben. Viele Firmen halten sich zurück. Andere bauen ihren Standort trotz des Krieges weiter aus.
Von Wolfgang Landmesser
Rund hundert Beschäftigte hat die Saatgutproduktion von Bayer in Shytomir, westlich von Kiew. Nach Kriegsbeginn hat sich der Leverkusener Konzern nicht aus dem Land zurückgezogen, sondern - im Gegenteil - das Geschäft weiter ausgebaut. 60 Millionen Euro fließen gerade in den Standort. "Wir haben von Anfang an gesagt, dass die Ukraine ein interessanter Standort ist", sagt Oliver Gierlichs, Bayer-Geschäftsführer in der Ukraine.
Neben Bayer sind auch NRW-Konzerne aus anderen Branchen in der Ukraine aktiv - beispielsweise Henkel oder Metro. Auch der Rüstungskonzern Rheinmetall mit Sitz in Düsseldorf baut gerade eine Produktion für Transport- und Schützenpanzer in der Ukraine auf.
Beschäftigte müssen an die Front
Am Anfang des Krieges war die Front ganz in der Nähe und bedrohte das Werk von Bayer. Aber auch aktuell gibt es immer wieder Luftalarm. Besonders zu schaffen macht dem Standort aber die Personalknappheit.
Im Werk arbeiten viele Saisonkräfte. Aber die lassen sich im Moment ungern anheuern, weil sie dann steuerpflichtig werden, den Behörden auffallen - und die Gefahr steigt, eingezogen zu werden. "Deswegen zögern viele, bei uns zu unterschreiben", meint Oliver Gierlichs, der auch Präsident der deutsch-ukrainischen Handelskammer ist.
Immer häufiger Stromausfälle
Ukrainischer Mitarbeiter bei Fixit
Ausfälle durch die Fronteinsätze der Beschäftigten sind auch ein großes Problem für Fixit. Das Unternehmen aus Bayern produziert schon lange in der Ukraine - Mörtel und Fassadenkleber. Immer wieder fällt der Strom aus, teilweise für mehrere Stunden. Und der Abstand zwischen den Stromausfällen wird kürzer, erzählt Geschäftsführer Michael Kraus: "Das macht natürlich eine Produktionsplanung sehr, sehr schwierig."
Als der Krieg ausbrach, war gerade ein zweites Werk in der Planung. Der Bau geht trotzdem weiter, die Fixit-Gruppe glaubt an die Ukraine. Ähnliches Engagement würde sich Michael Kraus noch von viel mehr Unternehmen wünschen: "Es könnte natürlich noch viel mehr sein; die meisten beobachten die Situation und warten ab."
Ukraine-Engagement mit Luft nach oben
Das stellt auch Robert Butschen von der Industrie- und Handelskammer in Düsseldorf fest. Seit über 20 Jahren berät er Firmen, die mit der Ukraine Geschäfte machen wollen. "Der Drive könnte deutlich größer sein", sagt er. "Es gibt sicherlich viele Unternehmen, auch in NRW, die sich mit dem Thema befassen, aber der große Schub muss erst noch einsetzen."
Baustelle einer zukünftigen Bayer-Saatgutfabrik in der Ukraine
Viele Unternehmen wollen in den Startlöchern sein, wenn der Krieg zu Ende. Aber bis dahin ist es ihnen zu riskant, einen Standort in der Ukraine zu eröffnen – trotz der stark ausgebauten öffentlichen Förderung.
Viel Geld für Investitionsversicherung
Für kein anderes Land gibt es derzeit so viel staatliche Garantien wie für die Ukraine, weiß der IHK-Berater: "Das Angebot für eine staatliche Absicherung ist bereits hervorragend."
Für das bayerische Bauunternehmen Fixit war die Ausfallgarantie für die Investitionen in der Ukraine eine wichtige Hilfe. Die Saatgutproduktion von Bayer dagegen ist bisher nicht staatlich versichert. Aber der Konzern hat durchaus Interesse. Aber Ukraine-Geschäftsführer Oliver Gierlichs schaut sich das Thema gerade an: "Grundsätzlich sind die Garantien sehr wertvoll für viele Unternehmen."
Unsere Quellen:
- Interview mit Bayer-Geschäftsführer für die Ukraine Oliver Gierlichs
- Interview mit Fixit-Geschäftsführer Michael Kraus
- Interview mit Robert Butschen, IHK Düsseldorf