Hintergründe zum Missbrauch auf Campingplatz Im Kreis Lippe
Aktuelle Stunde. 30.01.2019. UT. Verfügbar bis 30.12.2099. WDR. Von Thorsten Knape.
Missbrauchs-Verdacht in Lügde: Mehr als 1.000 Einzeltaten
Stand: 31.01.2019, 14:46 Uhr
- Verdacht: schwerer Missbrauch von mehr als 23 Kindern
- Ermittler sprechen von 1.000 Einzeltaten
- Drei Männer sitzen in U-Haft
Ein 56-Jähriger Mann aus Lügde und ein 33-Jähriger aus Steinheim bei Höxter sollen 23 Kinder sexuell missbraucht und kinderpornografisches Material hergestellt haben - ein dritter Mann ist 48 und kommt aus Stade in Niedersachsen. Er soll Auftraggeber gewesen sein und ist laut Polizei teilgeständig. Alle Männer befinden sich in Untersuchungshaft.
Kriminalhauptkomissar Gunnar Weiß
Gegen alle drei ermittelt die neunköpfige Ermittlungskommission Camping wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern sowie der Herstellung und Verbreitung von Kinderpornografie. Es gehe um mehr als 1.000 Einzeltaten, sagte der Leiter der Ermittlungskommission Camping, Gunnar Weiß, am Mittwoch (30.01.2019) in Detmold.
Die Opfer seien zwischen vier und 13 Jahre alt. Betroffen seien Mädchen und Jungen. "Dem Opferschutz und der Opfernachsorge räumen wir einen hohen Stellenwert ein", betont der Leiter des zuständigen Kriminalkommissariats, Achim Tietz.
Aktuelle Hinweise durch Polizei-Hotline
Die Ermittler gehen davon aus, dass es noch weitere Opfer gibt. Die Polizei Lippe hat einen Telefonanschluss für Hinweise aus der Bevölkerung eingerichtet: Bis Donnerstag (31.01.2019) wurde unter anderen Anrufen auch ein möglicher neuer Fall gemeldet und ein Mädchen namentlich genannt.
Tatort Campingplatz
Den Kontakt zu den Opfern hätten die mutmaßlichen Täter im Umfeld des Campingplatzes gesucht, auf dem sie Parzellen gemietet hatten. 30 Jahre lang habe der Hauptverdächtige hier als Dauercamper gelebt. Erst 2018 hat er auf Drängen des zuständigen Jugendamts einen festen Wohnsitz gemietet, eine Wohnung in Lügde.
Der Campingplatz in Lügde (Kreis Lippe)
Diese Wohnung und der Campingplatz kommen als Tatorte in Frage. Die Taten sollen in einem Zeitraum von zehn Jahren verübt worden sein. 2008 wurde nach bisherigem Ermittlungsstand erstmals eine Achtjährige missbraucht. Im Dezember 2018 sei der 56-jährige Verdächtige festgenommen worden.
Ermittlungen erbringen "perfide Einzelheiten"
13.000 Kinderporno-Dateien seien dem Bundeskriminalamt übergeben worden. Das insgesamt sichergestellte Datenvolumen betrage 14 Terabyte. Diese müssen jetzt noch weiter ausgewertet werden.
Mögliche Fürsorgeverletzung von Behörden
Der 56-Jährige Hauptbeschuldigte bekam 2016 vom zuständigen Jugendamt offiziell die Betreuung für das heute achtjährige Mädchen übertragen. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob das Verhalten einzelner Behördenmitarbeiter strafrechtlich relevant ist.
Jugendamt Lippe weist Vorwürfe zurück
Das Kreisjugendamt Lippe weist im Gespräch mit dem WDR am Mittwoch (30.01.2019) alle Vorwürfe von sich. "Für das Pflegeverhältnis war das Jugendamt nicht involviert, (...) Nach unseren Kriterien hätte der 56-jährige Dauercamper keine Pflegschaft erhalten", sagt Leiter Karl-Eitel John.
Der Kreis Lippe hat ein Beratungstelefon mit pädagogischen Fachkräften eingerichtet.