Anti-AfD-Proteste in Münster: Sternstunde der Zivilgesellschaft! Aber wer ist diese Zivilgesellschaft?
Aktuelle Stunde . 16.02.2024. UT. Verfügbar bis 16.02.2026. WDR. Von Henry Bischoff.
30.000 Menschen demonstrierten in Münster gegen AfD-Empfang
Stand: 16.02.2024, 22:04 Uhr
In Münster haben am Freitagabend laut Polizei mindestens 30.000 Menschen gegen den Neujahrsempfang der AfD im Rathaus der Stadt demonstriert. Wegen des großen Andrangs hatte die Polizei alle Versammlungsbereiche abgesperrt.
Tausende Menschen hatten sich bereits bis Freitagnachmittag auf dem Prinzipalmarkt in Münster versammelt. Kurz nach Beginn der Kundgebung waren es 30.000 Menschen in der Innenstadt, teilte die Polizei mit.
Wegen des großen Andrangs musste die Polizei den Zugang zum Prinzipalmarkt kurz nach Beginn der Kundgebung sperren. Gegen 18.15 Uhr wurden alle Versammmlungsbereiche dicht gemacht.
"Nazis raus" und "Ganz Münster hasst die AfD" riefen die Demonstranten in Richtung Rathaus, wo die AfD ihren Neujahrsempfang abhielt. Die Teilnehmenden dieser Veranstaltung wurden von den Demonstranten mit Parolen begrüßt.
Proteste gegen Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit
Die Kundgebung fand auf einer Bühne auf dem Prinzipalmarkt vor der Lambertikirche statt. Geplant waren dort unter anderem Redebeiträge der Parteien SPD, Grüne und die Linke.
Auch Vertreter der Münsteraner Sozialverbände, der Kirchen und weiterer Organisationen kamen zu Wort, darunter der Integrationsrat der Stadt oder das Jugendbündnis gegen Antisemitismus.
AfD Neujahrsempfang begann pünktlich
Der AfD-Neujahrsempfang begann pünktlich um 19 Uhr. Peter Böhringer, haushaltspolitischer Sprecher der AfD-Bundesfraktion, war einer der Hauptredner. Er bezeichnete den Protest als "von oben organisierte Volksverhetzung". Der Vergleich der Partei mit dem historischen Nationalsozialismus, der von den Parolen der Demonstranten ausgehe, sei grotesk.
Von den Bürgern selbst komme der Protest seiner Meinung nach aber nicht. Er kritisierte zudem, dass es vielen Gästen wegen Blockaden nicht möglich sei, an der Veranstaltung teilzunehmen. Die Polizei bestätigte, dass es einigen Gästen nicht möglich war, zum Rathaus durchzukommen. Man habe aber im Vorfeld alle Teilnehmer auf die Situation hingewiesen und diese gebeten frühzeitig zu erscheinen.
Weitestgehend friedliche Demonstration
Die Demonstration verlief nach Einschätzung der Einsatzkräfte weitestgehend friedlich. Insgesamt stellte die Polizei 17 Strafanzeigen unter anderem wegen Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Beleidigung und Verstoß gegen das Vermummungsverbot. 12 Personen erhielten Platzverweise.
OB Lewe: "Klares Zeichen aus der Zivilgesellschaft"
Aufgerufen zur Teilnahme an der Demonstration hatten auch rund 30 Bürgermeister aus dem Münsterland. Dem hatte sich Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU) angeschlossen. "Wir müssen uns deutlich für Vielfalt und Demokratie einsetzen und uns ebenso deutlich gegen jede Form von politischem Extremismus positionieren", sagt Lewe.
OB Lewe durfte nicht auf Demo sprechen
OB Lewe: Als Redner unerwünscht
Vor der Demo hatte es Streit um die Teilnahme des Oberbürgermeisters gegeben. Lewe wollte gerne auf der Bühne eine Rede halten, doch das Bündnis "Kein Meter den Nazis", das die Demo organisiert hatte, stimmte dagegen. Bei der Vielzahl an Rede- und Musikbeiträgen hätte man eine Auswahl treffen müssen, so der Bündnis-Sprecher Carsten Peters, der auch für die Grünen im Rat der Stadt sitzt. "Das Bündnis hat dann in der Tat beschlossen, CDU und FDP keinen Redebeitrag einzuräumen", sagte Peters dem WDR. Lewe erschien trotzdem - als normaler Demonstrant. Zu seiner Ausladung von der Bühne sagte er: "Nicht schlau, aber es ist so. Ich respektiere das."
Der Kulturwissenschaftler Claus Leggewie forderte in diesem Zusammenhang im WDR Toleranz von beiden Seiten: "Die Antifa-Demonstranten müssen sich daran gewöhnen, dass nur eine breite Allianz gegen rechts trägt. Dass die Union da unbedingt hineingehört. Dass die rechte Mitte politisch legitim ist." An die CDU/CSU gerichtet, sagte er: "Die Unionspolitiker müssen sich abgewöhnen, innerhalb dieser breiten Allianz immer wieder Feinderklärungen abzugeben."
Europaflaggen vor dem Dom
Zehntausende Menschen in Münster auf den Straßen
Das Bistum Münster hatte am Freitag Europaflaggen vor dem Dom gehisst. "Seitens des St.-Paulus-Doms möchten wir Flagge zeigen für Menschenwürde und Nächstenliebe. Wir setzen uns ein für eine solidarische, tolerante und vielfältige Gesellschaft", hatte Dompropst Hans-Bernd Köppen zu der Aktion gesagt.
Plakate gegen die AfD in Münster
Die Polizei hatte in diesem Jahr besondere Sicherheitsvorkehrungen getroffen, da sie mit deutlich mehr Demonstranten als in vergangenen Jahren gerechnet hatte. Neben dem Prinzipalmarkt haben sich die Demonstranten deshalb auch auf dem Domplatz versammelt, wo die Kundgebung live übertragen wurde.
Unsere Quellen:
- WDR-Reporter vor Ort
- Polizei Münster
- Bündnis "Keinen Meter den Nazis"
- Deutsche Presse-Agentur