Ein Jahr danach: Tornados verwüsten Lippstadt, Paderborn und Höxter
Stand: 20.05.2023, 16:36 Uhr
Am 20. Mai 2022 fegten drei Tornados nacheinander durch Lippstadt, Paderborn und den Kreis Höxter und hinterließen Schneisen der Verwüstung. Die Gesamtschäden liegen bei weit über 200 Millionen Euro, wie inzwischen feststeht.
Von Arndt Möller
Auf Handyvideos haben Menschen festgehalten, was viele nicht für möglich gehalten hätten: Die Tornados schlugen zu, mit unglaublicher Kraft, mit unglaublicher Härte. Innerhalb weniger Minuten verwandelten sie drei Regionen Westfalens in reine Trümmerfelder.
In Lippstadt bricht die Kirchenspitze ab
Aufräumarbeiten nach dem Tornado
Der erste Tornado traf Lippstadt um 16:40 Uhr. Die Wucht war so groß, dass die Spitze des Kirchturms im Ortsteil Hellinghausen abbrach. Das Dach des Kirchenschiffes verschob sich um 30 Zentimeter.
Der Tornado-Gesamtschaden in Lippstadt wird heute auf rund 50 Millionen Euro geschätzt.
Gegen 17 Uhr traf ein zweiter Tornado auf Paderborn, noch heftiger, noch verheerender. Im Stadtgebiet verletzten sich 43 Menschen, zwölf von ihnen schwer. Viele hatten mit einem normalen Unwetter gerechnet.
Schäden in Paderborn
Besonders betroffen war das Paderborner Riemekeviertel. Die Auswirkungen sieht man heute noch. Obwohl viele Dächer wieder gedeckt, viele Fassaden renoviert sind, sind zahlreiche Häuser immer noch eingerüstet.
Die Dachdecker kommen nicht hinterher, sagt Anwohner Yilmaz Can. Er sah vom Fenster aus, wie der Tornado im Mai 2022 auf sein Haus zukam: "Ich habe ihn genau in die Straße einbiegen sehen, er ist von oben gekommen, hier abgebogen und hat dann alles mit sich genommen. Ich war direkt vor Ort, als die Feuerwehr da war, ich habe den Leuten geholfen, es war ja alles wild hier, die Autos waren kaputt, alles."
Ein Gefühl vieler Anwohner
"Ich habe einen Tornado überlebt." Diesen Satz hat irgendein Anwohner auf sein Auto geklebt, das heute, nach genau einem Jahr, im Riemekeviertel steht.
Auch das beliebte Paderquellgebiet mitten im Stadtzentrum wurde verwüstet. In der sogenannten grünen Lunge Paderborns knickten Bäume um wie Streichhölzer. Mehr als 1.000 Bäume der ostwestfälischen Stadt hatten dem Tornado nichts entgegenzusetzen.
Mehr Lebensqualität als vor dem Tornado?
Heute sieht es zwar wieder idyllisch aus, aber das beliebte Naherholungsgebiet hat sich grundlegend verändert. Es fehlen die Bäume.
Schäden in Paderborn
Das soll sich ändern, erklärt Stadtsprecher Jens Reinhardt: "Wir werden dieses Paderquellgebiet wieder aufbauen, wir werden Wege erneuern, wir werden Brücken sanieren. Wir werden den Spielplatz modernisieren. Wir werden mehr an Lebensqualität haben als vor dem Tornado."
Doch dass das Naherholungsgebiet erst in zwei Jahren wieder bepflanzt werden soll, gefällt nicht allen in Paderborn.
"Gott sei Dank keine Toten"
Der Tornado hat auch knapp 20 Kirchengebäude beschädigt. Die Sanierungsarbeiten sind zu 85 Prozent abgeschlossen, so das Erzbistum Paderborn. Schwester Laetitia lebt im Kloster St. Michael, eines der beschädigten Gebäude.
Trotzdem sagt sie, sie sei sehr dankbar. Wenn man die Schäden in Paderborn gesehen habe, hätte es eigentlich unzählige schwerverletzte und tote Menschen gegeben haben müssen. "Gott sei Dank ist Paderborn das erspart geblieben."
Künstler sammelt zerbrochene Dachziegel
In Höxters Ortsteilen Ovenhausen und Lütmarsen stürmte es am 20. Mai 2022 fast eine Stunde später als in Paderborn. Auch hier gab es keine Toten, nur viele Trümmer.
Zerstörte Gegenstände, ausgestellt in einem Museum
Dass aus Zerstörung sogar etwas Positives entstehen kann, zeigt seit heute ein Paderborner Künstler. Olav Schiedel hat aus zerbrochenen Dachpfannen eine Ausstellung gemacht: "Mir ging es darum, die Sachen, die diesen negativen Besatz haben, zu transformieren, von dieser negativen Energie zu befreien."
Und so ganz nebenbei sammelt er noch Spenden für das am schwersten verletzte Tornadoopfer aus Paderborn - eine Frau, die ausgerechnet von einer Dachpfanne am Kopf getroffen wurde und immer noch unter den Folgen leidet.